Sauerstoff in Sternen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine optische Aufnahme des hellsten Kugelsternhaufens, Omega
Centauri
, einer Gruppe von mehr als zehn Millionen Sternen, die älter als die Sonne sind. Astronomen haben eine neue Berechnungsmethode entwickelt, um die Häufigkeit von Sauerstoff in diesen und ähnlichen Sternen und besonders in Riesensternen zu bestimmen. Das Programm findet Werte, die in sich viel stimmiger sind als frühere Abschätzungen.
Joaquin Polleri & Ezequiel Etcheverry,
Observatorio Panameño en San Pedro de Atacama

Sauerstoff ist nach Wasserstoff und Helium das dritthäufigste Element im Universum. Es ist ein wichtiger Bestandteil der Gas- und Staubwolken im Weltraum, vor allem, wenn es in Molekülen mit anderen Atomen wie Kohlenstoff gebunden ist, denn aus diesem interstellaren Material entwickeln sich neue Sterne und Planeten. Sauerstoff ist unzweifelhaft auch für Leben, wie wir es kennen, notwendig und alle bekannten Lebensformen benötigen flüssiges Wasser und dessen Sauerstoffanteil. Sauerstoff in molekularer Form, überwiegend in Wasser, wurde für verhältnismäßig häufig gehalten, doch im letzten Jahrzehnt haben Beobachtungen starke Aufmerksamkeit gefunden, die vermuten lassen, daß Sauerstoff zumindest in molekularer Form seltener als erwartet ist, ein Defizit, das bis jetzt nicht gänzlich aufgeklärt ist.

Im Gegensatz dazu hielt man atomaren Sauerstoff, am intensivsten im Licht der Sterne sichtbar, in guter Übereinstimmung mit den Erwartungen. Das neutrale Sauerstoffatom erzeugt starke Spektrallinien, die häufig genutzt wurden, um seine Häufigkeit zu berechnen. In Modellen wird die Linienstärke angepasst, indem sie das Strahlungsfeld, die Bewegungen des heißen Gases des Sterns und die innere Struktur des Sterns (zum Beispiel, auf welche Art sich Temperatur und Druck mit dem Radius ändern) berücksichtigen. Jedoch stellt sich heraus, daß unterschiedliche Annahmen bei diesen Berechnungen in Vorhersagen der Sauerstoffhäufigkeit enden können, die sehr stark voneinander abweichen. Besonders im Fall von Riesensternen, die größer und kühler sind und oft heiße äußere Chromosphären besitzen, können solche Ergebnisse für die Häufigkeit von Sauerstoff untereinander bis zu einem Faktor 15 voneinander abweichen. Diese Diskrepanz ist oft von Wissenschaftlern unberücksichtigt gelassen worden, die darauf verweisen, daß einige der vorgeschlagenen Sternmodelle selbst unrealistisch sind.

Andrea Dupree, Eugene Avrett und Bob Kurucz, Astronomen am CfA, sind dieses grundlegende Problem mit PANDORA, ein von Avrett entwickeltes Rechenprogramm für Sternatmosphären, angegangen. Speziell die Effekte einer heißen äußeren Atmosphäre in Riesensterne bezogen sie mit ein, etwas, daß üblicherweise nicht berücksichtigt wurde. Darüber hinaus verknüpfen sie die Anregung von Sauerstoffatomen (und die zugehörigen Linienstärken) nicht mit der Temperatur vor Ort. Diese Beschränkung, die von den meisten früheren Methoden aufgezwungen wurde, um die Berechnungen zu vereinfachen, berücksichtigt nicht genügend komplexere Situationen (wie die heiße Atmosphäre). Die drei Astronomen stellen fest, daß ihre neuen Berechnungen mehrere offene Fragen lösen können. Die Linien selbst sind in Wirklichkeit dreimal so stark als früher vermutet, verringern die unterstellten Sauerstoffhäufigkeiten und beeinflussen dadurch auch Einzelheiten der Modelle des Sterninneren, besonders für Riesen, die man in Kugelsternhaufen sieht. Ähnliche Verbesserungen erhält man bei den Ergebnissen für Sterne, von denen bekannt ist, daß ihnen andere schwerere Elemente fehlen, und sogar bei einigen gewöhnlichen, sonnenähnlichen Sternen. Die möglichen Folgen erstrecken sich bis hin zu genaueren Abschätzungen der Sauerstoffmenge, die in einem solaren Nebel vorhanden ist, wenn sich Exoplaneten bilden.

Literatur:

„Chromospheric Models and the Oxygen Abundance in Giant Stars“

A. K. Dupree, E. H. Avrett, and R. L. Kurucz

The Astrophysical Journal Letters, 821:L7 (6pp), 2016 April 10