Radiogalaxien und doppelte Schwarze Löcher

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Falschfarben-Radiobild der recht nah gelegenen Radiogalaxie Centaurus A. Die gewaltigen Radiokeulen sind in violett zu sehen; die Galaxie selbst und ihr Zentrum liegen in der Bildmitte. Der Einschub zeigt ein Bild der zentralen Galaxie bei mehreren Wellenlängen (einschließlich der optischen). Neue Infrarotbeobachtungen entfernter Radiogalaxien haben bei einigen Galaxien Zentralbereiche mit mehreren Schwarzen Löchern enthüllt. CSIRO / ATNF ATCA ASTRON Parkes MPIfR ESO / WFI / AAO (UKST) MPIfR / ESO / APEX NASA / CXC / CfA


Radiogalaxien produzieren im Radiowellenbereich so viel Leuchtkraft, wie eine Billiarde Sonnen über ihre Strahlung ins All abgeben. Deshalb sind sie eine Art kosmisches Leuchtfeuer und das Licht der entferntesten bekannten dieser Galaxien wurde abgestrahlt, als das Universum nur wenige Milliarden Jahre alt war (verglichen mit seinem heutigen Alter von etwa 13.7 Milliarden Jahren). Man vermutet, daß die Herkunft dieser intensiven Strahlung in der heißen Umgebung eines massereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie liegt, wobei die Radiostrahlung durch Elektronen erzeugt wird, die sich schnell in starken Magnetfeldern bewegen. Astronomen, die nach einem besseren Verständnis von Galaxien im Allgemeinen und nach den Umständen zur Erstehung der Milchstraße suchen, wollen wissen, wann und wie sich Radiogalaxien bildeten und entwickelten und wie sie ihre Umgebung beeinflussen.
Leuchtkräftige Radiogalaxien enthalten selbstverständlich auch Sterne. Die Beziehung zwischen der Entwicklung der Sterne einer Radiogalaxie und ihres zentralen Schwarzen Lochs ist bis jetzt sehr undurchsichtig. Mit den Infrarotkameras des Spitzer-Weltraum-Teleskops untersuchten elf Astronomen den warmen, im infraroten Licht hellen Staub in einer größeren Auswahl an siebzig Radiogalaxien, deren Licht in einem Zeitraum zwischen 7.5 und 12 Milliarden Jahren zur Erde unterwegs war – die kosmischen Zeitspannen, in der ein Großteil der Galaxienreifung auftrat; so die Vermutung der Astronomen.
Die Astronomen berichten, daß die meisten dieser Galaxien den Entstehungsprozeß für das Gros ihrer Sterne zum Ende brachten, als das Universum nur etwa zweieinhalb Milliarden Jahre alt war. Sie entdeckten zudem, daß Unterschiede in der Infrarotemission innerhalb der Stichprobe mit der Vorstellung vereinbar sind, daß die aktiven galaktischen Kerne von Staubscheiben verdunkelt werden, die unter variierenden Winkeln beobachtet wurden. Die Gruppe erzielte eine weitere erstaunliche Schlußfolgerung. Vier der siebzig Galaxien zeigen in den Bildern Hinweise auf ein zweites supermassereiches Schwarzes Loch; dies deutet darauf hin, daß die Entstehung dieser Galaxien (und womöglich auch die der anderen Galaxien während einer etwas früheren Entwicklungsphase) durch das Verschmelzen von zwei kleineren Galaxien verursacht wurde.
In einem völlig unabhängigen Artikel in der gleichen Ausgabe des Astrophysical Journal (#725) präsentieren die theoretischen Astronomen Yue Shen und Avi Loeb vom CfA eine Untersuchung der spektralen Signatur eines Binärsystems aus Schwarzen Löchern. Die Wissenschaftler zeigen in ihrer Arbeit folgendes: wenn sich die Schwarzen Löcher tatsächlich umkreisen und nicht nur nahe beieinander stehen und vorausgesetzt, daß jedes der beiden Schwarzen Löcher eine Licht abstrahlende, akkretierende Umgebung besitzt, dann werden nützliche diagnostische Hinweise dieser Bewegung in der Gestalt der ausgesandten Spektrallinien vorhanden sein – zumindest wenn sich die beiden Schwarzen Löcher ziemlich dicht umkreisen. Das Ergebnis, obwohl nicht speziell auf leuchtkräftige Radiogalaxien mit zwei Schwarzen Löchern bezogen, liefert einen neuen Weg, um Einzelheiten der Aktivität von Schwarzen Löchern in galaktischen Kernen zu untersuchen.