Originalveröffentlichung am 16.12.2025 zu finden unter: https://science.nasa.gov/mission/webb/latestnews/
Zusammenfassung: Die bizarre, zitronenförmige Welt hat eine Atmosphäre, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat
In einer Entdeckung, die Wissenschaftler als „eine absolute Überraschung“ bezeichnen, hat ein Team unter Einsatz des James-Webb-Weltraumteleskops der NASA einen seltenen Typ von Exoplaneten entdeckt, dessen atmosphärische Zusammensetzung die aktuellen Theorien über die Entstehung des Planeten in Frage stellt. Dieser Körper mit der Masse des Jupiter scheint eine exotische, von Helium und Kohlenstoff dominierte Atmosphäre zu haben, wie sie noch nie zuvor beobachtet wurde.
Dieser Exoplanet umkreist einen Pulsar, einen schnell rotierenden Neutronenstern, der die Masse der Sonne hat, aber nur die Größe einer Stadt. Der Pulsar sendet in regelmäßigen Abständen von nur Millisekunden elektromagnetische Strahlung von seinen Magnetpolen aus. Zusammen können der Stern und der Exoplanet als „Schwarzes-Witwen“-System betrachtet werden, wenn auch nicht als typisches Beispiel. Schwarze-Witwe-Systeme sind eine seltene Art von Doppelsternsystem, bei denen ein Pulsar mit einem kleinen, massearmen Begleitstern gepaart ist. Wie die Spinne, nach der es benannt ist, verzehrt der Pulsar langsam seinen unglücklichen Partner. In diesem einzigartigen Fall ist der Begleiter jedoch ein Exoplanet und kein Stern.
Wissenschaftler haben mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA einen seltenen Typ von Exoplanet beobachtet, also einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, dessen atmosphärische Zusammensetzung unser Verständnis seiner Entstehung in Frage stellt.
Offiziell als PSR J2322-2650b bezeichnet, hat dieses Objekt die Masse des Jupiter und scheint eine exotische, von Helium und Kohlenstoff dominierte Atmosphäre zu haben, wie sie noch nie zuvor beobachtet wurde. Vermutlich schweben Rußwolken durch die Luft, und tief im Inneren des Planeten können diese Kohlenstoffwolken kondensieren und Diamanten bilden. Wie der Planet entstanden ist, bleibt ein Rätsel. Der Artikel erschien am Dienstag in The Astrophysical Journal Letters.
„Das war eine absolute Überraschung”, sagte Peter Gao vom Carnegie Earth and Planets Laboratory in Washington, Mitautor der Studie. „Ich erinnere mich, daß unsere gemeinsame Reaktion, nachdem wir die Daten erhalten hatten, lautete: ‚Was zum Teufel ist das?‘ Es unterscheidet sich extrem von dem, was wir erwartet hatten.”
Dieses Objekt mit der Masse eines Planeten umkreist bekanntermaßen einen Pulsar, einen schnell rotierenden Neutronenstern. Ein Pulsar sendet in regelmäßigen Abständen, die typischerweise zwischen Millisekunden und Sekunden liegen, elektromagnetische Strahlen aus. Diese pulsierenden Strahlen sind nur sichtbar, wenn sie direkt auf die Erde gerichtet sind, ähnlich wie die Strahlen eines Leuchtturms.
Es wird erwartet, daß dieser Millisekundenpulsar hauptsächlich Gammastrahlen und andere hochenergetische Teilchen aussendet, die für Webb’s Infrarotblick unsichtbar sind. Ohne einen hellen Stern, der die Sicht behindert, können Wissenschaftler den Planeten über seine gesamte Umlaufbahn hinweg bis ins kleinste Detail untersuchen.
„Dieses System ist einzigartig, weil wir den von seinem Mutterstern beleuchteten Planeten sehen können, den Mutterstern selbst jedoch überhaupt nicht“, sagte Maya Beleznay, im dritten Jahr Doktorandin an der Stanford University in Kalifornien, die an der Modellierung der Form des Planeten und der Geometrie seiner Umlaufbahn gearbeitet hat. „So erhalten wir ein wirklich unverfälschtes Spektrum. Und wir können dieses System detaillierter untersuchen als normale Exoplaneten.“
„Der Planet umkreist einen völlig bizarren Stern – mit der Masse der Sonne, aber der Größe einer Stadt“, sagte Michael Zhang von der University of Chicago, der Projektleiter dieser Studie. „Dies ist eine neue Art von Planetenatmosphäre, die noch niemand zuvor gesehen hat. Anstelle der normalen Moleküle, die wir auf einem Exoplaneten erwarten würden – wie Wasser, Methan und Kohlendioxid – haben wir molekularen Kohlenstoff gefunden, insbesondere C3 und C2.“
Molekularer Kohlenstoff ist sehr ungewöhnlich, da sich Kohlenstoff bei diesen Temperaturen mit anderen Atomen in der Atmosphäre verbindet, sofern solche vorhanden sind. (Die Temperaturen auf dem Planeten reichen von 650 Grad Celsius an den kältesten Punkten der Nachtseite bis zu 2.000 Grad Celsius an den heißesten Punkten der Tagseite.) Molekularer Kohlenstoff ist nur dann dominant, wenn fast kein Sauerstoff oder Stickstoff vorhanden ist. Von den etwa 150 Planeten, die Astronomen innerhalb und außerhalb des Sonnensystems untersucht haben, weist kein anderer nachweisbaren molekularen Kohlenstoff auf.
PSR J2322-2650b ist mit einer Entfernung von nur 1,61 Millionen Kilometern außergewöhnlich nah an seinem Stern. Im Gegensatz dazu beträgt die Entfernung der Erde zur Sonne ungefähr 161 Millionen Kilometer. Aufgrund seiner extrem engen Umlaufbahn beträgt das gesamte Jahr des Exoplaneten – die Zeit, die er benötigt, um seinen Stern zu umkreisen – nur 7,8 Stunden. Die Gravitationskräfte des viel schwereren Pulsars ziehen den Planeten mit der Masse des Jupiter in eine bizarre Zitronenform.
Zusammen können Stern und Exoplanet als „Schwarzes-Witwen“-System betrachtet werden, wenn auch nicht als typisches Beispiel. Schwarze-Witwe-Systeme sind eine seltene Art von Doppelsternsystemen, bei denen ein schnell rotierender Pulsar mit einem kleinen, massearmen Begleitstern gepaart ist. In der Vergangenheit strömte Material vom Begleitstern auf den Pulsar, wodurch sich dieser mit der Zeit schneller drehte und einen starken Wind erzeugte. Dieser Wind und die Strahlung bombardieren und verdampfen dann den kleineren und weniger massereichen Begleitstern. Wie die Spinne, nach der es benannt ist, verzehrt der Pulsar langsam seinen unglücklichen Partner.
In diesem Fall wird der Begleiter jedoch offiziell als Exoplanet und nicht als Stern betrachtet. Die Internationale Astronomische Union definiert einen Exoplaneten als einen Himmelskörper mit einer Masse von weniger als 13 Jupitermassen, der einen Stern, einen Braunen Zwerg oder einen Sternrest, wie beispielsweise einen Pulsar, umkreist.
Von den 6.000 bekannten Exoplaneten ist dies der Einzige, der an einen Gasriesen erinnert (mit einer Masse, einem Radius und einer Temperatur ähnlich denen eines heißen Jupiters) und einen Pulsar umkreist. Nur von wenigen Pulsaren ist bekannt, daß sie Planeten haben.
„Hat sich dieses Objekt wie ein normaler Planet gebildet? Nein, denn seine Zusammensetzung ist völlig anders“, sagte Zhang. „Hat es sich durch das Abtragen der Außenschicht eines Sterns gebildet, wie es bei „normalen“ Schwarzen-Witwen-Systemen der Fall ist? Wahrscheinlich nicht, denn in der Kernphysik entsteht kein reiner Kohlenstoff. Es ist sehr schwer vorstellbar, wie man zu dieser extrem kohlenstoffreichen Zusammensetzung kommt. Das scheint jeden bekannten Entstehungsmechanismus auszuschließen.“
Der Mitautor der Studie, Roger Romani von der Stanford University und dem Kavli Institute for Particle Astrophysics and Cosmology Institute, schlägt ein eindrucksvolles Phänomen vor, das in dieser einzigartigen Atmosphäre auftreten könnte. „Wenn sich der Begleiter abkühlt, beginnt die Mischung aus Kohlenstoff und Sauerstoff im Inneren zu kristallisieren“, sagte Romani. „Reine Kohlenstoffkristalle schwimmen nach oben und vermischen sich mit dem Helium, und das ist es, was wir sehen. Aber dann muß etwas passieren, um den Sauerstoff und Stickstoff fernzuhalten. Und genau hier kommt das Rätsel ins Spiel.“
„Aber es ist schön, nicht alles zu wissen“, sagte Romani. „Ich freue mich darauf, mehr über die Seltsamkeiten dieser Atmosphäre zu erfahren. Es ist toll, ein Rätsel zu haben, dem man nachgehen kann.“
Mit seiner Infrarotsicht und seiner hervorragenden Empfindlichkeit ist dies eine Entdeckung, die nur das Webb-Teleskop machen konnte. 1,61 Millionen Kilometer von der Erde entfernt und ein riesiger Sonnenschutz halten die Instrumente sehr kalt, was für diese Beobachtungen notwendig ist. Es ist nicht möglich, diese Studie vom Boden aus durchzuführen.
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisation).
Exoplanet PSR J2322-2650b und Pulsar (Künstlerischer Entwurf)
Über das Bild: Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie der Exoplanet PSR J2322-2650b (links) aussehen könnte, während er einen schnell rotierenden Neutronenstern, einen sogenannten Pulsar (rechts), umkreist. Zwei Radiostrahlen werden von den Magnetpolen des Pulsars ausgesendet und peitschen wie ein Leuchtturmstrahl umher. Die Gravitationskräfte des viel schwereren Pulsars ziehen den Jupiter-ähnlichen Planeten in die Form einer Zitrone. Dieser Planet, der mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA untersucht wurde, scheint eine exotische Atmosphäre zu haben, wie sie noch nie zuvor gesehen wurde. Wie der Planet entstanden ist, ist ein Rätsel.
Exoplanet PSR J2322-2650b (Künstlerischer Entwurf)
Über das Bild: Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie der Exoplanet PSR J2322-2650b, der einen Pulsar umkreist, aussehen könnte. Aufgrund seiner extrem engen Umlaufbahn beträgt das gesamte Jahr des Planeten – die Zeit, die er benötigt, um den Pulsar zu umkreisen – nur 7,8 Stunden. Die Gravitationskräfte des viel schwereren Pulsars ziehen den Jupiter-ähnlichen Planeten in diese ausgefallene Zitronenform. Dieser Planet, der mit dem James-Webb-Weltraumteleskop der NASA untersucht wurde, scheint eine exotische, von Helium und Kohlenstoff dominierte Atmosphäre zu haben, wie sie noch nie zuvor gesehen wurde. Seine atmosphärische Zusammensetzung stellt aktuelle Theorien über die Entstehung des Planeten in Frage.
Exoplanet PSR J2322-2650b umkreist einen Pulsar
Diese Animation zeigt einen exotischen Exoplaneten, der einen fernen Pulsar umkreist, also einen schnell rotierenden Neutronenstern mit Radiowellenimpulsen. Der Planet, der in einer Entfernung von ungefähr 1,61 Millionen Kilometern um den Pulsar kreist, wird durch die starken Gravitationskräfte des Pulsars zu einer Zitronenform gestreckt. Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA hat festgestellt, daß die Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten nicht erklärbar ist. Es wurden molekularer Kohlenstoff, insbesondere C3 und C2, nachgewiesen, was nur zu erwarten wäre, wenn fast kein Sauerstoff oder Stickstoff vorhanden wäre.
Die charakteristischen Radiostrahlen des Pulsars wackeln oder präzedieren, während sich der Pulsar dreht, da sie in einem Winkel von etwa 30 Grad zur Drehachse des Pulsars stehen. Diese Animation ist nicht maßstabsgetreu. Der Pulsar dreht sich fast 300-mal pro Sekunde, während der Planet alle 7,8 Stunden einmal um ihn herumkreist.



