Mit Gravitationslinsen verstärkte Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Falschfarbenbild einer mit dem Submillimeter Array (SMA) gesehenen Galaxie im entfernten Universum. Die vier dunklen Flecken in der Aufnahme stammen alle von der gleichen Galaxie; sie erscheint mehrfach und verzerrt, da eine dazwischenliegende Galaxie (die für das SMA nicht sichtbar ist) die entferntere Galaxie vergrößert und verformt. M. Negrello et al.


1915 überraschte Einstein die Welt durch die Voraussage, daß der Weg des Lichts durch Masse gebogen werden könnte. Als Folge davon wird Licht einer entfernten Galaxie, das auf dem Weg zur Erde an einer dazwischenliegenden Galaxie vorbeikommt, gekrümmt. So wie das Aussehen von Objekten, betrachtet durch eine Glaslinse, deformiert erscheinen kann, so kann auch die Masse einer dazwischenliegenden Galaxie als eine „Gravitationslinse“ wirken und wir würden dann das verzerrte Bild in einer komplexeren Form sehen. Erst 1979 entdeckten Astronomen die erste Galaxie mittels einer Gravitationslinse und seither sind auf diesem Wege mehrere Dutzend Galaxien gefunden worden. Solche Entdeckungen sind jedoch schwer zu machen, da die durch Gravitationslinsen auszumachenden Galaxien sehr weit entfernt, sehr lichtschwach und zufällig über den Himmel verteilt sind; gleichzeitig erscheinen viele Millionen anderer Galaxien auf den ersten Blick ähnlich.
Das im Mai 2009 gestartete Herschel-Weltraum-Observatorium besitzt eine leistungsstarke neue Kamera, die entwickelt wurde, um den Himmel bei sehr langen infraroten Wellenlängen abzubilden; Galaxien, die Ausbrüche an Sternentstehung durchlaufen, erscheinen bei diesen Wellenlängen hell, da ihre jungen Sterne Staub aufheizen, der dann im Infraroten strahlt. Als die Wissenschaftler des Herschel-Projekts die ersten Bilder der neuen Kamera untersuchten, entdeckten sie viele neue Galaxien – und eine Handvoll von überdurchschnittlich hellen Galaxien. Eine Gravitationslinse verzerrt nicht nur das Bild von einem entfernten Objekt, sie kann auch wie eine optische Linse wirken: sie sammelt und bündelt das Licht und läßt dadurch ein Objekt heller erscheinen. Sich fragend, ob der Gravitationslinseneffekt für die ungewöhnliche Helligkeit dieser Objekte verantwortlich sein könnte, schlossen sich die Herschel-Wissenschaftler mit den Astronomen Mark Gurwell und Ray Blundell vom CfA zusammen, um mit dem hervorragenden räumlichen Auflösungsvermögen des Submillimeter Array (SMA) diese Frage zu lösen.
Das SMA entdeckte, daß die hellen Objekte tatsächlich verzerrte Bilder von entfernten Galaxien waren. Nachfolgende Beobachtungen im optischen Licht haben geholfen, diese Schlußfolgerung zu festigen. Bei dem entferntesten Objekt ist das Licht der fernen Galaxie etwa 10.8 Milliarden Jahre zu uns unterwegs gewesen; dies entspricht etwa 80% des Alters des Universums. Licht der Galaxie, die als Linse wirkt, ist nur 2.8 Milliarden Jahre durch das Weltall gereist. Diese neuen Ergebnisse sind bedeutsam, da sie eine zuverlässige neuartige Methode zum Auffinden dieser spektakulären kosmischen Phänomene bestätigen. Darüber hinaus hilft der aufgespürte warme Staub, den Mechanismus der Sternbildung im fernen Universum zu untersuchen.