Materie, die in Richtung des galaktischen Zentrums fällt

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Falschfarbenbild der zirkumnuklearen Scheibe, die das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxis umgibt. Die Kontourlinien und Farben entsprechen der Intensität der Strahlung von HCN-Gas (Blausäure-Gas); das Schwarze Loch ist unweit des blauen Punkts innerhalb des Rings lokalisiert. Montero-Castaño et al.


 
Das Zentrum unserer Milchstraße liegt etwa fünfundzwanzigtausend Lichtjahre von der Erde entfernt in Richtung des Sternbilds Schütze. Es ist für uns im optischen Licht auf Grund großer Mengen an zwischen uns und dem Zentrum auftretendem Staub nicht sichtbar, aber Strahlung anderer Wellenlängen wie infrarote oder Radiostrahlung können das verschleiernde Material durchdringen. Auch wenn es weit entfernt ist, spielt das galaktische Zentrum in der Geschichte der Erde eine wichtige Rolle. Das Sonnensystem bewegt sich auf einer Umlaufbahn alle paar Hundert Millionen Jahre einmal um das galaktische Zentrum und Astronomen vermuten, daß der Ursprung, die Entwicklung und möglicherweise die Zukunft der gesamten Milchstraße (einschließlich dem Raum, in der das Sonnensystem ansässig ist) durch die Eigenschaften der Region um das galaktische Zentrum wiedergespiegelt und vielleicht teilweise bestimmt wird. Natürlich sind Astronomen auch bestrebt, ihr grundlegendes Verständnis der ungewöhnlichen Natur der Schwarzen Löcher selbst zu überprüfen und dies, indem sie das massereiche Schwarze Loch, das uns bei weitem am nächsten gelegen ist, untersuchen.
Das supermassereiche Schwarze Loch ist in einer Entfernung von etwa 6 Lichtjahren von einem klumpigen zirkumnuklearen Ring aus Material, der zirkumnukleare Scheibe (Circumnuclear Disk = CND) genannt wird, umgeben. Astronomen fragen sich, was zur Anordnung dieser merkwürdigen Struktur geführt hat und sind zudem darüber verwundert, so etwas zu sehen, da solch ein ringförmiges Objekt schnell zerfallen und verschwinden sollte. Mit Hilfe des Smithsonian Submillimeter Array (SMA) erhielten Maria Montero-Castaño, Paul Ho und Robin Herrnstein die erste Serie hochwertiger Aufnahmen der CND an dichtem Gas, aufgespürt durch Moleküle wie Wasserstoffcyanid (HCN) und Kohlenstoffmonosulfid (CS).
Die Astronomen entdeckten, daß die CND schon eher wie eine Halskette aussieht; eine Schnur aus Klumpen rund um das supermassereiche Schwarze Loch, wobei jede Verdickung mehrere Tausend Sonnenmassen an Gas enthält. Ferner fanden sie, daß die Klumpen dicht genug sind, um gegen die charakteristischen zerstörerischen Kräfte bestehen zu können. Ihre Analyse der Gasbewegungen in und um den Ring herum legt nahe, daß Material in die CND fällt, während Gas aus der CND sich auf das Schwarze Loch im Zentrum schraubenförmig zubewegt. Ihre Ergebnisse sind wichtig, da sie darauf schließen lassen, daß die CND keine kurzlebige Struktur ist und sie eine dauerhafte Rolle in der Geschichte unseres galaktischen Zentrums spielt.