Magnetische Rekonnektion in der Sonne (Originalartikel vom 16.02.2018)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Ein ultraviolettes Bild der Sonnenchromosphäre, die dünne Schicht der Sonnenatmosphäre, die zwischen der sichtbaren Oberfläche, der Photosphäre, und der Korona eingekeilt ist. Jetzt haben Astronomen eine Simulation entwickelt, um die magnetische Rekonnexion in der Chromosphäre zu thematisieren. Die Aufnahme wurde mit dem Weltraumteleskop Hinode gewonnen. JAXA / NASA


 
Die Sonne strahlt mit einer Oberflächentemperatur von etwa 5.500 Grad Celsius. Demgegenüber hat ihre heiße äußere Schicht, die Korona, eine Temperatur von über einer Million Grad und ein Wind aus geladenen Teilchen strömt mit einer Rate von etwa einem Millionstel der Mondmasse pro Jahr ab. Einige dieser Teilchen beschießen die Erde, rufen Polarlichter hervor und stören gelegentlich die globale Kommunikation. Zwischen diesen beiden Regionen der Sonne findet sich die Chromosphäre. Innerhalb dieser komplexen Nahtstelle, nur wenige tausend Kilometer tief, fällt die Dichte des Gases mit der Höhe etwa um den Faktor eine Million und die Temperatur steigt. Fast alle mechanische Energie, welche die Sonnenaktivität antreibt, wird innerhalb dieser Schnittstelle in Wärme und Strahlung umgewandelt.
Durch die hohen Temperaturen des Gases entstehen geladene Teilchen und deren Bewegungen bringen gewaltige, dynamische Magnetfelder hervor. Deren Feldlinien können manchmal heftig auseinanderreißen, aber Bewegung der zugrunde liegenden geladenen Teilchen bringt die Feldlinien oft dazu, sich wieder zu verbinden. Es gibt zwei wichtige, seit langer Zeit bestehende und zusammengehörige Fragen über den heißen Sonnenwind: wie wird er aufgeheizt und wie erzeugt die Korona den Wind? Astronomen halten es für möglich, daß magnetische Rekonnektion in der Chromosphäre eine wichtige Rolle spielt.
CfA-Astronom Nicholas Murphy und drei Kollegen haben komplexe, neue Simulationen der magnetischen Rekonnektion in heißem ionisiertem Gas, so wie es in der solaren Chromosphäre vorkommt, abgeschlossen. (Der Erstautor der Untersuchung, Lei Ni, war Besucher beim CfA.) Die Wissenschaftler bezogen erstmals die Auswirkungen eines nicht vollständig ionisierten Gases in Gebieten niedriger Temperatur, bestimmte Teilchen-Teilchen-Effekte und andere Details der Wechselwirkungen von neutralem und ionisiertem Gas mit ein. Sie stellen fest, daß das neutrale und ionisierte Gas in der ganzen Rekonnektionsregion gut aneinander gekoppelt ist und folgern, daß Rekonnektion oft in den kühleren Bereichen der Region auftreten kann. Sie bemerken auch nebenbei, daß neue, hochauflösende Sonnenteleskope in der Lage sind, immer kleinere Gebiete mit niedriger Ionisation zu untersuchen, auf die ihre Ergebnisse besonders anwendbar sind.
Literatur:
„Magnetic Reconnection in Strongly Magnetized Regions of the Low Solar Chromosphere“
Lei Ni, Vyacheslav S. Lukin, Nicholas A. Murphy, and Jun Lin
The Astrophysical Journal, 852, 95, 2018
oder
arXiv:1712.00582v2 [astro-ph.SR]