Koronale Massenauswürfe

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Filamente brechen aus der Sonnenoberfläche hervor und sprengen in einem koronalen Massenauswurf gewaltige Blasen an magnetischem Plasma in den Raum. Astronomen haben entdeckt, daß gebräuchliche Methoden zur Aufzeichnung von solaren Flares eine ansehnliche Zahl an koronalen Massenauswürfen übersehen würden. Die koronale Aktivität in diesem Bild erstreckt sich in eine Höhe von mehr als zwei Millionen Kilometer über der Sonnenoberfläche. NASA SOHO


 
Die Korona der Sonne ist die (über eine Million Kelvin) heiße, gasförmige äußere Region ihrer Atmosphäre. Die Korona ist von starken Magnetfeldern durchzogen, die sich von der Oberfläche aufwärts in Schleifen ausdehnen und die durch konvektives Vermischen der darunter liegenden, dichten Atmosphäre verdrillt und geschert sind. Wenn diese Schleifen aufbrechen, werfen sie energiereiche, geladene Teilchen in Ereignissen aus, die man koronale Massenauswürfe (coronal mass ejection = CME) nennt. Erreichen die emittierten Teilchen die Erde, können sie elektrische Systeme sowie Kommunikationssatelliten zerstören und bergen eine Gefahr für Astronauten im Raum. Das Verständnis dieser physikalischen Prozesse ist unerläßlich für die Entwicklung einer langfristigen Vorhersagefähigkeit des Weltraumwetters. Wir befinden uns zurzeit zwar in einem Minimum der Sonnenaktivität, aber die aktive Sonne hat man schon mit mindestens drei CMEs an einem Tag beobachtet.
Seit CMEs erstmals mit einem Raumfahrzeug in den 1970-gern erkannt wurden, haben Wissenschaftler den Verdacht gehegt, daß sie sehr eng mit anderen Ereignissen verbunden sind, die tief in der Korona entstehen und die bereits früher von der Erde aus, etwa solare Flares, untersucht worden sind. Es gab jedoch keine überzeugende Theorie hinter solch einer Annahme. Mit den Satelliten des Solar Terrestrial Relations Observatory (STEREO) untersuchten vier Astronomen die Beziehungen zwischen CMEs und anderen koronalen Aktivitäten. Die STEREO-Mission liefert zur gleichen Zeit aus verschiedenen Richtungen zwei Ansichten der Korona und erlaubt es so den Wissenschaftlern, den Ort der koronalen Aktivität genauer zu bestimmen.
2009 untersuchten die Astronomen über acht Monate hinweg die Sonnenkorona und zeichneten vierunddreißig CMEs auf, deren Auswürfe direkt auf die Erde gerichtet waren. Durch das Nachverfolgen der Entwicklung jedes CME und durch ausfindig machen der Entfaltung anderer Aktivitäten tief in der Korona entdeckten sie, daß etwa ein Drittel der CMEs nicht mit den üblichen Hinweisgebern auf CMEs in Verbindung standen. Die Ergebnisse, welche noch einer deutlicheren theoretischen Erklärung bedürfen, weisen aber darauf hin, daß Meßsysteme für das Weltraumwetter, die nur auf Flares und andere herkömmliche Ereignisse aufbauen, dabei scheitern werden, einen erheblichen Anteil koronaler Massenauswürfe zu erfassen.