Kollidierende Galaxiencluster

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Die Galaxie 3C 438 und ihr Galaxiencluster im sichtbaren Licht (links) und im Röntgenlicht mit dem Chandra-Röntgen-Observatorium (rechts). Astronomen sind zu dem Schluß gelangt, daß das heiße Gas das Ergebnis einer Kollision zwischen zwei Galaxiencluster ist. Röntgenstrahlung: NASA / CXC / CfA / R. P. Kraft Optische Strahlung: Pal.Obs. DSS

Galaxiencluster bestehen aus ein paar bis zu ein paar tausend Galaxien und sind die größten gebundenen Strukturen im Universum. Die meisten Galaxien gehören zu einem Cluster. Unsere Milchstraße beispielsweise ist Mitglied der „Lokalen Gruppe“, eine Ansammlung von ungefähr fünfzig Galaxien, deren anderes großes Mitglied die Andromeda-Galaxie ist. Der nächstgelegene große Galaxiencluster ist für uns der rund fünfzig Millionen Lichtjahre entfernte Virgo-Cluster mit ungefähr 2.000 Mitgliedern.

Man vermutet, daß sich Cluster als Folge von Verschmelzungen kleinerer Galaxiengruppen und der Akkretion von Gas und Dunkler Materie entwickeln. Die bei diesen Verschmelzungen freigesetzte Energie wird überwiegend dem heißen Gas innerhalb des Clusters zugeführt, wo Röntgenbeobachtungen Anhaltspunkte für Schockwellen und hohe Temperaturen ausmachen können. Besonders wichtige Erkenntnisse liefern Verschmelzungen zweier gleich massereicher Galaxiencluster, da diese energiereichen Zusammenstöße die spektakulärsten und dauerhaftesten Folgen haben. Doch sind solche großen Verschmelzungen recht seltene Ereignisse. Der Geschoß-Cluster ist so ein erst kürzlich untersuchtes Beispiel und da er auch zufällig als Gravitationslinse für Hintergrundgalaxien wirkt, wurde er für das Aufzeigen der Verteilung seiner Dunklen Materie bekannt.

Die Astronomen Deanna Emery, Akos Bogdan, Ralph Kraft, Felipe Andrade-Santos, William Forman und Christine Jones vom CfA untersuchten mit Martin Hardcastle von der Universität Hertfordshire einen anderen großen Verschmelzungsprozeß in dem Cluster rund um die Galaxie 3C 438. Mitglieder des Teams nutzten das Chandra-Röntgen-Observatorium, um das heiße Gas des Clusters zu untersuchen. Aus früheren Beobachtungen folgerte man, daß Aktivität entweder auf ein supermassereiches Schwarzes Loch oder eine gewaltige Verschmelzung zurückzuführen war, doch die beiden Szenarien konnten nicht unterschieden werden. Weitere Beobachtungen mit Chandra und neue Eichverfahren anwendend, reduzierten die Forscher all die Daten erneut. Sie entdeckten, daß sich das heiße Gas des Clusters über etwa 2.5 Millionen Lichtjahre erstreckt und Helligkeitsstrukturen besitzt, die offenbar durch eine Schockwelle aus der Verschmelzung verursacht werden. Die Forscher sind sogar imstande, die veranschlagte Relativgeschwindigkeit der Verschmelzung auf ungefähr 2.600 km/s zu berechnen. Da nur wenige Beobachtungen von Schockwellen in Clustern gemacht worden sind, ist diese Entdeckung ein wichtiger Beitrag zur Untersuchung des Kräftespiels bei Clusterverschmelzungen und wie sich massereiche Cluster gebildet haben könnten.

Literatur:

„A Spectacular Bow Shock in the 11 keV Galaxy Cluster Around 3C 438“

Deanna L. Emery, Akos Bogdan, Ralph P. Kraft, Felipe Andrade-Santos, William R. Forman, Martin J. Hardcastle, and Christine Jones

The Astrophysical Journal, 834:159 (7pp), 2017 January 10