j.w.d.: 2015 TG387 – der Goblin! – Neues vom „Planet X“ – von Bernd Scharbert

Was will uns diese kryptische Überschrift sagen? Um sie nicht unnötig auf die Folter zu spannen: j.w.d. – Berliner wissen das – bedeutet „Janz weit draußen“. Und „2015 TG387“ ist ein 2015 entdeckter Himmelskörper, der von Freunden „Goblin“ genannt wird („TG“ = „The Goblin“ = „der Kobold“, wobei „TG“ eigentlich den Tag der Entdeckung bezeichnet). Allerdings befinden sich die Freunde auf der Erde, denn j.w.d. findet man nicht so einfach welche.
Der Reihe nach: Am 1. Oktober wurde bekannt gegeben, dass im äußeren Sonnensystem ein Objekt mit ca. 300 km Durchmesser entdeckt wurde. Die Wissenschaftler (Scott Sheppard and Chadwick Trujillo) waren auf der Suche nach „Planet X“ (oder besser „Planet Neun“), also einem weiteren großen Planeten im äußeren Sonnensystem. Den haben Sie allerdings noch immer nicht gefunden, also muss man sich eben mit Kleinerem zufrieden geben. Doch die Kleinigkeiten sind bekanntlich das, was das Leben schön und interessant macht.
Der Goblin kommt der Sonne bis auf 65 AU nahe (AU = Astronomische Einheit = 150.000.000 km), das sind unter Freunden 10 Mrd. Kilometer und liegt damit deutlich außerhalb der Bahn des Pluto. Das ist noch nicht so aufregend. Da ist der sonnenfernste Punkt der Bahn schon spannender, er liegt in einer Entfernung von 2300 AU (345 Mrd. km, 0,036 Lichtjahre). Der Goblin ist auf einer sehr exzentrischen Bahn unterwegs und braucht für einen Umlauf ca. 36.000 Jahre. Das bedeutet zum einen, dass die Sonne dort nur noch ein sehr heller Stern ist. Zum anderen hatte man Glück, dass der Goblin gerade in Sonnennähe ist – sonst (auf 99% seiner Umlaufbahn) wäre er viel zu lichtschwach um ihn zu beobachten! Das bedeutet auch, dass j.w.d noch jede Menge Objekte unterwegs sein können – wir können sie einfach nur nicht beobachten!
Hier sollten wir einen kurzen Blick auf den Bereich des Sonnensystems werfen, über den wir gerade lesen. Vom Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter hat sicherlich schon jeder gehört. Sicherlich auch davon, dass es „weiter draußen“ auch noch Objekte gibt. Und das sind nicht gerade wenige. Die folgende Grafik zeigt „die Asteroidengürtel“ des äußeren Sonnensystems.

Grafik der Transneptunischen Objekte (© CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=593384)

Noch „im Sonnensystem“ gibt es die Zentauren. Jenseits der Gasplaneten schließt sich der Kuipergürtel (auch „Kuiper-Edgeworth-Gürtel“) an. Dessen Masse wird auf die 20 bis 200 fache Masse des inneren Asteroidengürtels geschätzt. Prominentester Vertreter ist das Pluto-Charon-System. Jenseits davon findet sich die „Scattered Disk“ (die „gestreuten Objekte“). Deren Himmelskörper haben deutlich exzentrischere Bahnen mit einer Neigung gegen die Erdbahnebene von bis zu 40 Grad. Das – so wird angenommen – liegt an Bahnstörungen durch die Gasplaneten. Übrigens findet sich in der scattered Disk der Zwergplanet Eris, der etwas größer als Pluto ist. Ihre Entdeckung kostete Pluto seinen Planetenstatus. Passenderweise bekam das Objekt den Namen der griechischen Göttin der Zwietracht.
Jenseits der scattered Disk gibt es die „detached objects“ – also Objekte, die vom Sonnensystem „getrennt“ sind. Getrennt in dem Sinne, dass Neptun keinen gravitativen Einfluss auf sie hat. Und damit kommen wir wieder zu unserem Goblin. Übrigens werden alle genannten Objekte jenseits der Neptunbahn als „Transneptunische Objekte“ bezeichnet.
Der Goblin ist nicht der Rekordhalter was die größte Sonnenentfernung angeht. Das Objekt 2014 FE72 bringt es auf einen maximalen Sonnenabstand („Aphel“) von 4300 AU. Was also macht den Goblin so interessant? Es ist neben dem oben beschriebenen Orbit die Länge des Perihels, des sonnennächsten Punkts des Orbits. Unter Perihellänge versteht man grob gesprochen die Richtung, in der der sonnennächste Punkt des Orbits liegt.
Die folgende Grafik zeigt die Orbits der kleinen Gruppe der „Sednoids“. Sie gehören zur detached Disk und ihr Perihel liegt ungefähr „in der gleichen Gegend“.

Orbits der Sednoiden (© https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sednoid_orbits.png)

Schön – na und? Sheppard und andere finden, dass dies kein Zufall ist. Wenn die großen Planeten des Sonnensystems keinen ausreichenden gravitativen Einfluss auf diese Himmelskörper mehr haben, was richtet ihre Bahnen derart aus? Sie ahnen es vielleicht schon: es ist der „Planet neun“. Der Goblin passt den Planetensuchern gut ins Konzept. Seine Bahn stützt die Existenz eines Objekts von ca. 10 Erdmassen, welches zwischen 200 und 1200 AU unterwegs ist. Die Angaben sind natürlich Annahmen. Der direkte Nachweis dieses Planeten bleibt schwierig – er muss schon nahe an seinem sonnennächsten Punkt sein, damit wir ein Foto machen können. Und das kann bei einer Umlaufzeit von 10.000 bis 20.000 Jahren schon mal eine Weile dauern…
Quellen:
http://www.astronomy.com/news/2018/10/goblin-planet-solar-system
https://www.space.com/41995-dwarf-planet-the-goblin-discovery-planet-nine.html
Siehe auch WIKIPEDIA (deutsch und englisch) für weitere Informationen