Ein neues Teleskop untersucht einen jungen Protostern

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Falschfarben-Infrarotaufnahme eines Sternentstehungskomplexes im Sternbild Ophiuchus, der einige der jüngsten Protosterne beheimatet, die man kennt. Bei neuen Beobachtungen an einem seiner jüngsten Sterne hat man entdeckt, daß dieser einen sehr jungen, abströmenden Jet besitzt. NASA / WISE


 
IRAS 16293-2922B ist ein sehr junger Stern – ein Protostern – vielleicht nur um die zehntausend Jahre alt. Geringfügig masseärmer als die Sonne, ist der Protostern noch immer tief in sein umgebendes Geburtsmaterial eingebettet und akkretiert offenbar sogar einiges von dem Material auf eine zirkumstellare Scheibe, die ihn umgibt. Im letzten Jahrzehnt ist es möglich geworden, solch äußerst frühe Stadien der Sternbildung dank der Submillimeter- und Infrarot-Teleskope zu untersuchen, welche die starke, von Staub verursachte Sichttrübung in den Geburtswolken durchdringen können. Dadurch waren Astronomen zum ersten Mal in der Lage, sich mit einigen der grundlegenden physikalischen Prozesse, die in diesen frühen Stadien der stellaren Reifung ablaufen, zu beschäftigen.
Eine der wichtigsten Fragen lautet, wie neue Sterne sich selbst vom Drehimpuls befreien: wenn sich das Material in der Wolke unter dem Einfluß der Schwerkraft zusammenzieht, werden sich geringe Drehbewegungen aus dem gleichen Grund in beträchtlichem Ausmaß beschleunigen, aus dem ein Schlittschuhläufer sich schneller dreht, wenn er die Arme an sich heranzieht. Für den sich entwickelnden Stern kann die daraus folgende Zentrifugalkraft eine weitere Kontraktion unterbinden und so muß der Stern einen Weg finden, diesen Effekt abzubauen. Astronomen vermuten, daß Sterne bipolare Materiejets entwickeln, in die das sich drehende Material gelenkt wird, so entkommen kann und eine fortschreitende Kontraktion ermöglicht. Tatsächlich sind solche Abströmungen, oft spektakulär eng begrenzt und lang, häufig zu beobachten. Aber wie früh entwickeln sich diese Strömungen und wie erfolgreich ermöglichen sie es dem jungen Stern, sein Wachstum fortzusetzen?
Dreizehn Astronomen, darunter David Wilner und Paul Ho vom CfA, haben mit dem riesigen, neuen Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) eine Abströmung entdeckt und untersucht, die von IRAS 16293-2922B herrührt, der einer der vielleicht jüngsten, je entdeckten Sterne sein könnte. ALMA, eine Anordnung von sechsundsechzig Teleskopen, die Durchmesser von 12 und 7 Metern besitzen, führt auf einer Hochebene der chilenischen Atacama-Wüste bei Millimeter- und Submillimeter-Wellenlängen Beobachtungen durch. ALMA, eine internationale Institution, begann gerade erst diesen Monat mit ihrer routinemäßigen Operationsphase und es ist anzunehmen, daß Sterngeburt eines ihrer wichtigsten Forschungsaktivitäten sein wird. In der neuen Arbeit wird aus der Morphologie der jungen Abströmung ein Alter von nur 200 Jahren abgeleitet; die Ergebnisse markieren einen bedeutenden Schritt in unserem Verständnis von den frühesten Stadien im Dasein eines Sterns.