Ein neuer Blick auf die Sternentstehung in Molekülwolken

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Der Kalifornien-Nebel ist eine riesige Molekülwolke, die nur langsam neue Sterne hervorbringt. Astronomen überprüften hier und in drei weiteren, aktiveren sternbildenden Wolken die am Werk befindlichen Sternentstehungsprozesse, um eine Jahrzehnte alte Vermutung zu testen, daß nämlich die Rate der Sternentstehungsaktivität von der Gasdichte abhängig ist. Der Nebel ist etwa 100 Lichtjahre lang; das hervorstechende rote Leuchten stammt von Schwefelatomen, grün von Wasserstoff und blau von Sauerstoff. Markus Noller; Deep Sky Images


Unsere Milchstraße wandelte wie andere Galaxien über kosmische Zeiträume hinweg dünnes, gasförmiges Material in riesige, geordnete Systeme Wasserstoff verbrennender Sterne um. Die für diese Sternentstehung verantwortlichen Abläufe waren komplex und liefen über einen Großteil der kosmischen Geschichte ab – und sind bisher nicht vollständig verstanden. Eine aussagekräftige Theorie der Sternentstehung ist unentbehrlich für ein Verständnis der Galaxienbildung sowie Galaxienentwicklung und ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das Erkennen einer empirischen Beziehung, die die Rate der Sternentstehung und die physikalischen Eigenschaften des interstellaren Gases verbindet. Für über ein halbes Jahrhundert waren die Astronomen der Auffassung, daß die Rate der Sternentstehung von der Gasdichte derart abhängt, daß sich die Zahl der pro Jahr entstehenden Sterne in etwa wie die Gasdichte nach einem Potenzgesetz verändert – gewöhnlich setzte man näherungsweise die Dichte im Quadrat an.
Die ursprüngliche Vermutung, welche die Sternentstehung mit der Gasdichte in Beziehung setzt, wurde für Galaxien als Ganzes entwickelt. Fünf Astronomen, darunter vom CfA Charlie Lada und Jan Forbrich, untersuchten in unserer Galaxis die Sternentstehung in vier riesigen Molekülwolken, um zu testen, inwieweit dieses Verhalten die physikalischen Prozesse innerhalb einzelner Wolken genau beschreibt. Sie wurden zu dieser Untersuchung teilweise durch den eigenartigen Sachverhalt veranlaßt, daß auf der einen Seite die Sternentstehungsraten (Zahl der Sterne pro Jahr) dieser Form eines Skalengesetzes zu folgen schienen, auf der anderen Seite die Gesamtzahl der vorhandenen neuen Sterne mit der Gasdichte nicht in Beziehung zu stehen schien. Das Team nutzte Infrarotdaten vom Spitzer-Weltraum-Teleskop und erdgebundene Durchmusterungen im nahen Infrarot, um statistische Analysen durchzuführen – sie verglichen die Sternentstehung auf kleinen räumlichen Skalen mit der Gas- und Staubdichte, die durch die Stärke der Abdunkelung im sichtbaren Licht beschrieben wurde.
Die Astronomen berichten, daß die ursprüngliche Beziehung soweit richtig ist (auch wenn die Skalierung oft von einer exakten quadratischen Beziehung abweicht). Das Problem liegt darin, daß die Gesamtzahl der entstandenen Sterne auch vom räumlichen Umfang des dichten Gases abhängt und die Ausdehnung dieser Gebiete sich sehr stark in Abhängigkeit von der genauen Entwicklung jeder Molekülwolke ändern kann. Wolken mit vielen Regionen hoher Dichte entwickeln naturgemäß mehr Sterne, obwohl in jeder Region die Rate von der lokalen Dichte abhängt. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, daß in der Untersuchung der Galaxien als Ganzes die in ihnen vorkommenden, verschiedenen Arten an Molekülwolken alle in einen Topf geworfen wurden und so die lokalen physikalischen Unterschiede verwischen, die für die eigentümlichen Unterschiede verantwortlich sind.
Literatur:
„Schmidt’s Conjecture and Star Formation in Molecular Clouds“
Charles J. Lada, Marco Lombardi, Carlos Roman-Zuniga, Jan Forbrich, and Joao F. Alves
The Astrophysical Journal, 778:133 (14pp), 2013 December 1