Ein Mikrolinsenereignis aus drei Positionen im All gesehen (Originalartikel vom 1.12.2017)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Graphik der momentanen Position des Spitzer-Weltraum-Teleskops. Astronomen beobachteten ein Mikrolinsen-Ereignis von drei verschiedenen Orten im Weltraum aus – Spitzer, Erde sowie Kepler-Satellit – und nutzten diese, um zum ersten Mal, an sich zweifelsfrei, die Masse und den Ort für einen Mikrolinseneffekt verursachenden Körper von größenmäßig 77 Jupitermassen zu messen. NASA / Spitzer Space Telescope


 
Der Weg eines Lichtstrahls wird durch die Anwesenheit von Masse abgelenkt, ein Effekt, den die Allgemeine Relativitätstheorie erklärt, und ein massereicher Körper kann folglich wie eine Linse wirken – eine sogenannte „Gravitationslinse“ – und das Bild eines hinter dem Körper gelegenen Objekts verzerren. Wissenschaftler bestätigten zum ersten Mal quantitativ diese Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie während der jetzt berühmten totalen Sonnenfinsternis vom 29. Mai 1919 durch Beobachtung von Sternenlicht, das durch die Masse der Sonne abgelenkt wurde. Mikrolinseneffekt, oder Microlensing, ist der Name, der einem verwandten Phänomen gegeben wurde: der kurze Lichtblitz, der hervorgerufen wird, wenn ein als Gravitationslinse wirkender Himmelskörper die Stärke des sichtbaren Lichts eines entfernteren Hintergrundsterns ändert, da die Bewegung des Körpers zufälligerweise vor diesem Hintergrundstern vorbeiführt.
Vor etwa dreißig Jahren sagten Wissenschaftler voraus, daß, falls es jemals möglich wird, einen Lichtblitz auf Grund des Mikrolinseneffekts von zwei deutlich voneinander getrennten Orten zu beobachten, eine Parallaxenmessung die Entfernung zu dem dunklen Objekt näher bestimmen würde. Das Spitzer-Weltraum-Teleskop umkreist gegenwärtig die Sonne in der Entfernung der Erde, folgt dieser aber in einem Abstand von etwa einem Viertel der Länge ihrer Umlaufbahn. Vor einem Jahr leitete die CfA-Astronomin Jennifer Yee ein Team, um die erste Microlensing-Parallaxenmessung eines kleinen stellaren Objekts mit Spitzer und erdgebundenen Teleskopen durchzuführen. Eine Schwierigkeit war, daß mit nur zwei Beobachtungspunkten durchgeführte Messungen möglicherweise Mehrdeutigkeiten im Ergebnis zulassen – drei Meßpunkte würden diese Unsicherheit aber ausschließen.
In einer neuen Veröffentlichung berichten Yee und ein großes Team ihrer Kollegen vom ersten Mikrolinsenereignis, das von drei klar getrennten Orten beobachtet wurde: Spitzer, Erde sowie Kepler bei seiner „K2“-Mission; Kepler hat eine Umlaufbahn ähnlich der von Spitzer, folgt aber der Erde zurzeit in einem Abstand von etwa einem Sechstel der Länge ihrer Umlaufbahn. Das als Linse wirkende Objekt, bekannt als MOA-2016-BLG-290, wurde durch diese Messungen als ein Stern mit nur ungefähr 0.07 Sonnenmassen (siebenundsiebzig Jupitermassen) bestimmt; die Entfernung beträgt etwa zweiundzwanzigtausend Lichtjahre und es liegt in unserer Galaxis. Das Ergebnis liefert neben der Messung eines Objekts, dessen Masse zwischen der eines Sterns und eines Planeten liegt, auch den Beleg für die Jahrzehnte zuvor vorausgesagte Leistungsfähigkeit der Microlensing-Parallaxenmessungen.
Literatur:
„An Isolated Microlens Observed from K2, Spitzer, and Earth”
Wei Zhu, A. Udalski, C. X. Huang , S. Calchi Novati, T. Sumi, R. Poleski, J. Skowron, P. Mróz, M. K. Szymański, I. Soszyński, P. Pietrukowicz, S. Kozłowski, K. Ulaczyk, M. Pawlak (OGLE Collaboration), C. Beichman, G. Bryden, S. Carey, B. S. Gaudi1, A. Gould, C. B. Henderson, Y. Shvartzvald, J. C. Yee (Spitzer Team), I. A. Bond, D. P. Bennett, D. Suzuki, N. J. Rattenbury, N. Koshimoto, F. Abe, Y. Asakura, R. K. Barry, A. Bhattacharya, M. Donachie, P. Evans, A. Fukui, Y. Hirao, Y. Itow, K. Kawasaki, M. C. A. Li, C. H. Ling, K. Masuda, Y. Matsubara, S. Miyazaki, H. Munakata, Y. Muraki, M. Nagakane, K. Ohnishi, C. Ranc, To. Saito, A. Sharan, D. J. Sullivan, P. J. Tristram, T. Yamada, and A. Yonehara (MOA Collaboration)
The Astrophysical Journal 849, L31 2017