Die Segel der Argo

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Die Vela-Molekülwolke D in einer Infrarotaufnahme des Spitzer-Teleskops. Man sieht Hunderte von jungen Sternen, die im Infraroten sehr hell und die in staubigen Büscheln, Filamenten und anderen Strukturen, in denen sie entstehen, eingebettet sind. Die breite Auswahl an Farben zeigt die Vielfalt an Temperaturen und die Prozesse, die in der Vela-Wolke ablaufen, während neue Sterne entstehen; die Vergrößerung zeigt Einzelheiten um zwei Quellen in Vela. Spitzer-Weltraum-Teleskop


 
Der Vela-Molekülwolkenkomplex setzt sich aus einer Anzahl riesiger Wolken zusammen, die aus Gas und Staub bestehen und im südlichen Sternbild Vela, dem „Schiffssegel“, liegen. Wie andere riesige Wolken in unserer Galaxis, zum Beispiel Orion, enthalten die Wolken in Vela Millionen Sonnenmassen an Gas und Staub. Das Material in diesen Wolken wird durch die Schwerkraft zusammengehalten und neigt nach und nach zum Kollaps, um Sterne unterschiedlichster Arten zu bilden.
Für die Vela-Molekülwolken ist die Tatsache ungewöhnlich und wichtig, daß sie aus Sicht des Sonnensystems im äußeren Teil unserer Galaxis liegen, ungefähr 2.000 Lichtjahre weiter von der Zentralregion entfernt als die Sonne und ihre Planeten. Wenn die Prozesse der Sternbildung in den äußeren Regionen unserer Galaxis anders ablaufen als in den inneren Regionen, vielleicht wegen der Unterschiede in der Häufigkeit der Elemente, dann könnte man dies mit Hilfe der Vela-Molekülwolken aufdecken. Zudem müssen Astronomen, die Vela untersuchen, nicht das im Hintergrund herrschende Durcheinander durch andere Sterne herauszufiltern, denn beim Blick ins Milchstraßenzentrum sind Sterne viel zahlreicher.
Eine Gruppe italienischer Astronomen hat seit nahezu einem Jahrzehnt daran gearbeitet, die Geheimnisse der Vela-Molekülwolken zu enträtseln. Kürzlich haben sie sich mit Astronomen des SAO zusammengetan, um die leistungsfähigen Abbildungsmöglichkeiten des Spitzer-Teleskops zu nutzen. Sie konzentrierten sich auf eine Gruppe von vier benachbarten Wolken in Vela und untersuchten sie auf Hinweise nach jungen Sternen in deren frühesten Stadien der Entstehung, vielleicht nur wenige Hunderttausend Jahre alt; die Sonne ist im Vergleich dazu 4.5 Milliarden Jahre alt. Die hochkarätigen neuen Aufnahmen enthüllen 850 sehr starke Infrarotquellen, die in den Wolken verteilt sind. Es handelt sich meist um junge, wahrscheinlich etliche Millionen Jahre alte Sterne. Einige Dutzend dieser Quellen scheinen nur Hunderttausende Jahre alt zu sein. Fünf Quellen zeigen überhaupt keinen stellaren Kern. Die Astronomen vermuten, daß diese kernlosen Objekte jene sehr frühen, prästellare Klumpen sein könnten, die vorhergesagt worden sind. Insgesamt hat die Gruppe eine ungewöhnlich hohe Zahl kernloser Klumpen und sehr junger Sterne entdeckt und sie mutmaßen, daß dies auf etwas Außergewöhnliches in der Umgebung der Vela-Wolken zurückzuführen sein könnte.
Obwohl zusätzliche Forschungsarbeit notwendig ist, um diese Schlußfolgerungen zu bestätigen und zu erklären, bestärken die neuen Ergebnisse die Vorstellung, daß Sternentstehung in den äußeren Regionen unserer Galaxis auf anderen Wegen abläuft als in den inneren Regionen. Unsere Sonne, die in einem eher mittleren Bereich der Galaxis liegt, annähernd zwischen den inneren und äußeren Regionen, könnte selbst durch eine Mischung der Bedingungen aus beiden Regionen entstanden sein. Die neue Erkundung der Vela-Wolken fügt einen wichtigen Baustein zum Bild der Sternentstehung überall in der Galaxis bei.