Die Jets von Messier 87

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein Bild der Galaxie M87 und ihres Jets bei Radiowellenlängen; die Länge des Jets beträgt etwa 5.000 Lichtjahre. Im Jet wurde ein kleiner Knoten gefunden, der die Quelle sowohl einer hellen, veränderlichen Röntgenstrahlung, die sich anscheinend schneller als Licht bewegt, als auch von Gammastrahlung ist. Mit freundlicher Genehmigung der NRAO


 
Im Jahr 1774 veröffentlichte der französische Astronom Charles Messier einen Katalog mit 109 verschwommen aussehenden Objekten, die er am Himmel entdeckt hatte. Er dachte, sie könnten irrtümlich für Kometen gehalten werden, doch wir wissen heute, daß viele von ihnen in Wirklichkeit Galaxien sind. Im letzten Jahrhundert entdeckten die Radioastronomen, daß die Galaxie Messier 87 sich dramatisch von den meisten anderen Galaxien und unserer eigenen Milchstraße unterschied: sie besitzt einen eng gebündelten Teilchenstrahl, einen Jet, der Tausende Lichtjahre aus dem Zentralgebiet heraus nach außen strömt.
Astronomen halten es für möglich, daß ein massereiches Schwarzes Loch im Zentrum von M87 diese energiegeladenen Jets antreibt, weil Materie dort hineinfällt und dabei Energie freisetzt. Astronomen vermuten zudem, daß die Milchstraße ein massereiches Schwarzes Loch in ihrem Kern besitzt und so fragen sie sich, was die Milchstraße so ruhig und M87 so stürmisch macht.
2002 entdeckten Astronomen mit dem Chandra-Röntgenobservatorium, daß es in diesem Jet von M87 einen ziemlich dicht beim galaktischen Zentrum gelegenen (nur etwa 500 Lichtjahre davon entfernt) leuchtstarken Knoten gibt, der seine Intensität innerhalb von einem Monat änderte. Sie begannen damals, die Verdichtung im Radiolicht mit sehr hoher räumlicher Auflösung zu beobachten. In dieser Woche veröffentlichten Daniel Harris und zwei Kollegen in den Astrophysical Journal Letters eine Arbeit, in der sie von der Entdeckung berichten, daß dieser Knoten nicht nur hell und in der Zeit veränderlich ist, sondern zudem aus kleineren Klumpen besteht, von denen jeder einen Durchmesser von etwa fünf Lichtjahre aufweist und die sich allem Anschein nach mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen. Diese sogenannte „Überlichtgeschwindigkeit“ ist in Galaxien mit Radiojets nicht ungewöhnlich. Sie ist das Ergebnis einer Täuschung, die manchmal auftritt, wenn Material in einem Jet sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegt und dabei fast genau in unsere Richtung ausgestoßen wird; wenn dies geschieht, erscheint uns der Jet, als ob er sich vom galaktischen Kern mit Geschwindigkeiten entfernt, die die Geschwindigkeit des Lichts übertreffen.
Die Verdichtung im Jet von M87 ist das einzig bekannte Beispiel für eine Quelle, die sowohl veränderliche, hochenergetische Abläufe als auch Bewegungen mit Überlichtgeschwindigkeit zeigt. Die Astronomen vertreten die Meinung, daß beide Prozesse nicht zufällig zusammentreffen – sie sind physikalisch miteinander verbunden. Zudem ist bekannt, daß M87 sehr intensive Gammastrahlung aussendet, Licht, dessen Energien nahezu eine Million Mal über denen der typischen Röntgenstrahlung liegen. Die Forscher folgern, daß diese Gammastrahlung nicht, wie üblicherweise vermutet, aus den Gebieten rund um das Schwarze Loch stammt, sondern aus dem Knoten und seiner spektakulären Umgebung. Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß in vielen anderen Galaxien, die Gammastrahlenemission und verwandte Phänomene zeigen, die Aktivität ebenfalls von Material stammt, das sich entfernt vom Kern befindet. Die Ergebnisse helfen nicht nur zu erklären, wie diese Phänomene entstehen, sie zeigen, daß sie auf Wegen erzeugt werden können, die nicht direkt auf ein Schwarzes Loch zurückzuführen sind und so sogar in Galaxien auftreten könnten, die weniger auffällig sind als diejenige, der Charles Messier die Nummer 87 gab.