Die Entwicklung von Galaxien, die massereiche Schwarze Löcher besitzen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Bild der Galaxie NGC 1068, eine der hellsten und nächstgelegenen Spiralgalaxien, die ein schnell wachsendes supermassereiches Schwarzes Loch in ihrem Kern besitzen – im Röntgenlicht (rot), optischen (grün) und Radiolicht (blau). Astronomen haben eine statistische Untersuchung von über 300.000 Galaxien fertiggestellt und sind zu dem Schluß gekommen, daß die Aktivität eines supermassereichen Schwarzen Lochs wie dieses (im Allgemeinen) sich in zwei Kategorien unterteilen läßt und das die Heimatgalaxien diese Unterschiede wiederspiegeln. NASA and the Chandra X-ray Observatory; CfA


 
Unsere Milchstraße besitzt wie die meisten Galaxien ein massereiches Schwarzes Loch, das etwa vier Millionen Sonnenmassen an Material enthält, aber andere Schwarze Löcher enthalten vermutlich Hunderte von Millionen oder sogar noch mehr Sonnenmassen. Theorien zufolge liegt um das Zentrum ein Torus aus Staub und Gas, dessen innerer Rand auf Millionen Grad von Material aufgeheizt sein kann, das in das Schwarze Loch fällt, ein Vorgang, den man Akkretion nennt. Das Aufheizen durch Akkretion kann manchmal bipolare Jets sich sehr schnell bewegender, geladener Teilchen antreiben, die bei Radiowellenlängen strahlen und als helle Radioquellen am Himmel gemessen werden.
Galaxien kollidieren wiederholt und es wurde vorhergesagt, daß solche Verschmelzungen dazu neigen, in Richtung des Schwarzen Lochs Material zu lenken, das den Akkretionsprozeß füttert. Es gibt eine Vielzahl an Hinweisen zugunsten dieses Szenarios, einschließlich der Tatsache, daß massereichere Schwarze Löcher in massereicheren Galaxien gefunden werden, womöglich das Resultat von Verschmelzungen. Jedoch gibt es einige widersprechende Ergebnisse. Nach einigen Aussagen gibt es nicht genug verschmelzende Galaxien, um für all die massereichen Schwarzen Löcher verantwortlich zu sein, die man beobachtet. Darüber hinaus können Galaxien und ihre Schwarzen Löcher auch durch banalere Vorgänge wachsen und sich entwickeln, wie etwa durch das einfache Strömen von Gas hin zu den Kernen. Die meisten Galaxien aus der Zeit vor einigen Milliarden Jahren sehen dann auch noch wie relativ normale Objekte aus und durchlaufen keine Zusammenstöße.
Eine Gruppe aus neun CfA-Astronomen haben mit ihren Kollegen eine Lösung vorgeschlagen. Andy Goulding, Bill Forman, Christine Jones, Steve Murray, Alessandro Paggi, Matt Ashby, Jaisheng Huang, Ralph Kraft und Steve Willner haben mit ihrem Team eine statistische Untersuchung über die optischen und infraroten Eigenschaften von 330.811 Galaxien fertiggestellt, die bis in Entfernungen von ungefähr 4 Milliarden Lichtjahren reichen. Sie verglichen die optischen Eigenschaften mit Angaben aus Katalogen für den infraroten, Röntgen- und Radiobereich, um zu bestimmen, welche Galaxien radiolaute Abströmungen haben (diese tendieren zu rötlicher Farbe) und welche von Sternentstehungsaktivität dominiert sind (diese tendieren zu bläulich).
Die Astronomen erklären die widersprüchlichen Befunde, indem sie zeigen, daß vermutlich zwei unterschiedliche Akkretionsmechanismen ablaufen. Bei blaueren Galaxien, die überwiegend im optischen, infraroten oder Röntgenlicht zu sehen sind, wird die Akkretion des Schwarzen Lochs wahrscheinlich durch lebhafte Sternentstehung in der Scheibe der Galaxie angetrieben. In den röteren, radiolauten Galaxien (die außerdem zahlenmäßig unterlegen sind) treibt die Akkretion des Schwarzen Lochs ein anderer, der sogenannte advektionsdominierte Mechanismus an; hier gibt es so viel einströmendes Gas, daß die Strahlung gefangen ist und nicht entkommen kann. Diese röteren Galaxien sind vermutlich durch das Durchlaufen katastrophaler Zusammenstöße gekennzeichnet. Die Gruppe hat nicht nur herausgefunden, daß Galaxien sich in diese beiden allgemeinen Gruppen von Quellen einordnen lassen, sondern auch, daß sich beide Galaxienarten im Gegensatz zu manch gewohnten Vorstellungen auf ziemlich gleiche Weise wie ihre Gegenstücke ohne aktive Schwarze Löcher entwickeln.
Literatur:
„Tracing the Evolution of Active Galactic Nuclei Host Galaxies over the Last 9 Gyr of Cosmic Time“
A. D. Goulding, W. R. Forman, R. C. Hickox, C. Jones, S. S. Murray, A. Paggi, M. L. N. Ashby, A. L. Coil, M. C. Cooper, J.-S. Huang, R. Kraft, J. A. Newman, B. J. Weiner, and S. P. Willner
The Astrophysical Journal, 783:40 (20pp), 2014 March 1