Astronomie ohne Teleskop – Warp-Antrieb auf dem Papier

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Schon vor 16 Jahren vermutete Miguel Alcubierre, daß man schneller als das Licht reisen könnte, wenn man eine Warpblase erzeugt, die vor dem Raumschiff die Raumzeit zusammenzieht und hinter dem Raumschiff ausdehnt. Nun ist ein Testlabor für Metamaterialien verfügbar, um zu prüfen, ob die Idee wirklich funktioniert. Bildquelle: andersoninstitute.com

Der Alcubierre-Antrieb ist einer der bekannteren, auf Papier ausgearbeiteten Warp-Antriebe – bei dem eine mögliche Technik des Warp-Antriebs mathematisch zu funktionieren scheint; solange man sich nicht zu sehr mit der realen physikalischen Welt und einigen lästigen Grenzfragen beschäftigt.

Der Entwurf eines Alcubierre-Antriebs ist kürzlich im Rahmen von mathematisch modelliertem Metamaterial getestet worden – dieses Material kann ein grobes Abbild der Raumzeit liefern. Es hat sich interessanterweise gezeigt, daß unter diesen Bedingungen der Alcubierre-Antrieb die Schranke der Lichtgeschwindigkeit nicht durchbrechen kann – aber er erreicht 25 % Lichtgeschwindigkeit und dies ist auch nicht gerade langsam.

Hier muß man sich mit zwei begrifflichen Sachverhalten beschäftigen. Was ist der Alcubierre-Antrieb und was ist ein Metamaterial?

Der Alcubierre-Antrieb ist eine Art mathematisches Gedankenexperiment. Man stellt sich vor, das ein Raumschiff einen Antriebsmechanismus besitzt, der in der Lage ist, eine Blase der Raumzeit derart zu krümmen, daß sich der vordere Teil zusammenzieht und dadurch Punkte, die vor mir liegen, näher an mich heranbringt – unterdessen dehnt sich der hintere Teil der Blase aus und bewegt Punkte, die hinter mir liegen, noch weiter weg.

Die gekrümmte Geometrie trägt das Raumschiff vorwärts wie einen Surfer auf einer Welle der Raum-zeit. Behält man diese Krümmung sicher und stetig während der Vorwärtsbewegung des Raumschiffs bei, könnte dies in Überlichtgeschwindigkeiten aus der Sicht eines Beobachters außerhalb der Blase münden – während sich das Schiff innerhalb der Blase im Verhältnis zur lokalen Raumzeit kaum be-wegt. In der Tat erfährt die Mannschaft während der ganzen Reise Bedingungen wie im freien Fall und wird nicht von Anziehungskräften behindert.

Bilder, um den Alcubierre-Antrieb zu beschreiben. Links: Man erzeuge eine lokale Verzerrung der Raumzeit, die hinter dem Raumschiff eine Ausdehnung und vor ihm eine Verkürzung erzeugt. Das Raumschiff wird durch die Raumzeit selbst ans Ziel befördert. Rechts: Das Alcubierre-Konzept kann man sich vorstellen als ein Surfen des Raumschiffs auf einer Welle der Raumzeit. Bilderquelle: daviddarling.info

 

Zu den Einschränkungen des Alcubierre-Antrieb-Modells gehört, daß nicht geklärt ist, wie das Schiff starten und später am Ziel stoppen könnte, auch wenn die Mathematik nahelegt, daß die Vorwärts-bewegung des Schiffes theoretisch möglich ist. Der zugrunde liegende Mechanismus, um eine Blase zu erzeugen, wartet ebenfalls noch auf eine Erklärung. Um die Raumzeit zu krümmen, muß man Masse oder Energiedichte irgendwie umverteilen. Wenn dies dazu führt, daß Teilchen über den Rand der Blase hinausgedrängt werden, riskiert man, daß Teilchen an der Blasengrenze sich im Bezugsystem der Raumzeit außerhalb der Blase schneller als das Licht bewegen – dies würde ein grundlegendes Prinzip der Allgemeinen Relativitätstheorie verletzen.

Für das Problem sind verschiedene Lösungsansätze vorgeschlagen worden, wozu negative Energie, exotische Materie und Tachyonen gehören. Dennoch, wenn man schon vor dem Frühstück an sechs unmögliche Dinge glaubt, warum dann nicht auch an den Alcubierre-Antrieb.

Nun zu den Metamaterialien. Dies sind matrixähnliche Strukturen mit geometrischen Eigenschaften, die elektromagnetische Wellen (ebenso akustische oder seismische Wellen) kontrollieren und formen können. Solche Materialien hat man nicht nur theoretisch entworfen, sondern auch hergestellt – wenn zur Zeit auch nur mit der Fähigkeit, langwellige Strahlung zu beeinflussen. Aber theoretisch könnten sehr fein abgestimmte Metamaterialien optische und noch kürzere Wellenlängen beeinflussen. Dies eröffnet die Möglichkeit für Tarnmäntel und Raumschiffe unsichtbar machende Bauteile – zumindest theoretisch.

Gleichwohl kann mathematisch gezeigt werden, daß Metamaterialien in der Lage sind, den größten Teil des elektromagnetischen Spektrums zu beeinflussen – auch wenn man sie mit der gegenwärtigen Technik nicht herstellen kann. Dieses mathematische Modell wurde genutzt, um virtuelle Schwarze Löcher zu erzeugen, um die Wahrscheinlichkeit von Hawking-Strahlung zu untersuchen – warum nicht diese Methode nutzen, um den Alcubierre-Antrieb zu testen?

Es hat sich gezeigt, daß die Materialkenngrößen sogar von sogenannten „perfekten“ Metamaterialien dem Alcubierre-Antrieb nicht erlauben, die Lichtgeschwindigkeit zu brechen, aber sie erlauben, 25 % der Lichtgeschwindigkeit zu erzielen – also etwa 75.000 km/s. Damit läßt sich das Sternsystem Alpha Centauri in etwa 17 Jahren erreichen, wenn man annimmt, daß Beschleunigung und Abbremsung nur kurze Komponenten der Reise sind.

Ob die Beschränkungen, die in diesem Test durch das Metamaterial auferlegt wurden, ein Zeichen dafür sind, daß es die Krümmung der Raumzeit nicht angemessen nachbildet – für den Alcubierre-Antrieb nötig, um die Lichtgeschwindigkeit zu brechen – oder ob der Alcubierre-Antrieb nie über die Lichtgeschwindigkeit hinauskommen kann, bleibt eine offene Frage. Aber überraschend und zugleich ermutigend ist, daß der Antrieb tatsächlich arbeiten könnte… ein bißchen jedenfalls.

Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):
arXiv:1009.5663v2
Igor I. Smolyaninov
Metamaterial-based model of the Alcubierre warp drive (2011)