Astronomie ohne Teleskop – Holographische Dunkle Informationsenergie

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff
Die Holographische Dunkle Informationsenergie ist meines Erachtens nach das beste Durcheinander an obskuren theoretischen Konzepten, die mit der geringsten Zahl an Worten ausgedrückt ist – um dennoch für diesen Artikel das Interesse wach zu halten: es geht meist um die Entropie.
Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik verlangt, daß die Entropie in einem geschlossenen System nicht abnehmen kann. Wirft man also einen Eiswürfel in eine Tasse mit heißem Wasser, so fordert der zweite Hauptsatz, daß das Eis schmilzt und das Wasser dadurch kühler wird – das System bewegt sich von einem Zustand thermischen Ungleichgewichts (niedrige Entropie) in Richtung eines Zustands thermischen Gleichgewichts (hohe Entropie). In einem isolierten System (oder einer isolierten Tasse) kann sich dieser Vorgang nur in eine Richtung bewegen und ist irreversibel, also unumkehrbar.
Eine vergleichbare Überlegung gibt es in der Informationstheorie. Dem Landauer-Prinzip zufolge entspricht jede logische, irreversible Informationsbearbeitung (das Löschen eines Bits an Information) einem Anwachsen der Entropie.
Wenn man zum Beispiel eine Photokopie laufend photokopiert, verringert sich die Information in jeder neuen Kopie ständig und ist schließlich verloren. Das Landauer-Prinzip besagt jedoch, daß die Information nicht vollständig verloren ist, da diese Information in Energie umgewandelt und durch den unumkehrbaren Akt des Kopierens einer Kopie in Form von Wärme abgestrahlt wird.
M.P. Gough hat diesen Gedanken auf die Kosmologie übertragen und vorgeschlagen, daß, während sich das Universum ausdehnt und die Dichte abnimmt, informationsreiche Vorgänge wie die Sternentstehung ebenfalls abnehmen. Oder um es allgemeiner auszudrücken – wenn sich das Universum ausdehnt, steigt die Entropie an, da die Energiedichte des Universums fortlaufend über ein größeres Volumen verteilt wird. Demzufolge gibt es weniger Möglichkeiten für die Schwerkraft, Entropie verringernde Prozesse wie die Sternentstehung hervorzubringen.

Die Verbindung zwischen Entropie und Information – interessantere und informationshaltige Dinge geschehen in Systemen mit niedriger Entropie (rechts) denn in Systemen mit hoher Entropie (links).


 
Also tritt in einem expandierenden Universum Informationsverlust ein – und da nach dem Landauer-Prinzip dieser Informationsverlust dissipative Energie (Wärme) freisetzen sollte, behauptet Gough, daß man diese dissipative Energie für den Dunklen Energieanteil im gegenwärtigen Standardmodell des Universums halten kann.
Es gibt handfeste Einwände gegen diesen Vorschlag. Das Landauer-Prinzip ist in Wirklichkeit ein mathematischer Ausdruck für die Entropie in Informationssystemen – die wiederum mathematisch so dargestellt werden können, als ob sie thermodynamische Systeme wären. Es ist kühn zu behaupten, dies hätte eine physikalische Realität und ein Informationsverlust setze wirklich Energie frei – und da das Landauer-Prinzip die freigesetzte Energie als Wärmeenergie ausdrückt, würde sie dann nicht meßbar sein (d.h. nicht dunkel)?!
Es gibt einige experimentelle Hinweise darauf, das Informationsverlust Energie freisetzt, aber es handelt sich dabei wohl eher um die Umwandlung von einer Energieform in die andere – diese Seite des Informationsverlustes stellt nur den Übergang von einem niedrigeren zu einem höheren Entropiezustand dar, so wie es vom zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gefordert wird. Der Vorschlag von Gough verlangt, daß eine „neue“ Energie wie aus dem Nichts in das Universum hineingetragen wird – um aber fair zu sein muß man sagen, daß es so ziemlich genau das ist, was die gegenwärtig bevorzugte Hypothese zur Dunklen Energie ebenso fordert.
Gleichwohl führt Gough an, daß die Mathematik der Energie durch Informationsverlust die Dunkle Energie besser berechnet als die traditionelle Hypothese der Quantenvakuumenergie, die immerhin vorhersagt, daß es um 120 Größenordnungen mehr Dunkle Energie im Universum geben sollte als dort augenscheinlich vorhanden ist.
Gough berechnet, daß die Energie durch Informationsverlust in der heutigen Ära des Universums etwa das Dreifache seines gegenwärtigen Masse-Energie-Inhalts betragen sollte – was nah mit dem derzeitigen Standardmodell in Übereinstimmung steht, bei dem 74% die Dunkle Energie und 26% alles Übrige ausmacht.
Doch auch die Einführung des holographischen Prinzips bringt wenig für die Argumente von Gough – außer dahingehend, daß man die Mathematik durch das Entfernen einer Dimension einfacher handhaben kann. Dem holographischen Prinzip zufolge können alle Informationen über physikalische Ereignisse, die innerhalb eines dreidimensionalen Raumgebiets ablaufen, auf einer zweidimensionalen Oberfläche, die das betroffene Raumgebiet begrenzt, enthalten sein. Dies ist, wie die Informationstheorie und Entropie, etwas, worauf Stringtheoretiker viel Zeit verwenden und sich auseinandersetzen – nicht das daran irgendetwas falsch wäre.
Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):
Entropy 2011, 13, 924-935
Michael Paul Gough
Holographic Dark Information Energy (2011)