Astronomie ohne Teleskop – Blazar Jets

Von Steve Nerlich in Universe Today – Übersetzt von Harald Horneff

Ein 5.000 Lichtjahre langer, im optischen Licht sichtbarer Jet in der elliptischen Galaxie M87, die technisch gesprochen, kein Blazar ist, da der Jet nicht auf die Erde gerichtet ist. Quelle: ESA/Hubble

Entgegengesetzt gerichtete Jets, auch polare Jets genannt, findet man oft um Objekte mit rotierenden Akkretionsscheiben. Die Liste reicht von neu gebildeten Sternen bis zu alternden Neutronensternen. Einige der energiereichsten Jets dieser Art entstehen in Akkretionsscheiben, die sich um stellare oder supermassereiche Schwarze Löcher drehen. Im letzteren Fall, wenn Jets aus aktiven Galaxien wie den Quasaren hervorschießen und annähernd in Richtung Erde orientiert sind, spricht man von Blazaren.

Die Physik, die hinter der Entstehung polarer Jets jeder Größenordnung steht, ist noch immer nicht vollständig verstanden. Es ist aber vermutlich so, daß verdrillte Magnetfeldlinien, die innerhalb einer rotierenden Akkretionsscheibe erzeugt werden, das Plasma aus dem verdichteten inneren Bereich der Akkretionsscheibe in die eng gebündelten Jets schleusen, die wir beobachten. Aber auf welchem Weg genau die Energie übertragen wird, um dem Jetmaterial die Fluchtgeschwindigkeit zu geben, die für das Abströmen erforderlich ist, ist noch immer Gegenstand von Diskussionen.

Im Extremfall, wo sich Akkretionsscheiben um Schwarze Löcher drehen, benötigt das Jetmaterial Fluchtgeschwindigkeiten, die an die Lichtgeschwindigkeit heranreichen – wenn das Material aus der direkten Umgebung des Schwarzen Lochs entkommen soll. Die sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegenden Jets werden im Allgemeinen relativistisch genannt.

Relativistische Jets der Blazare strahlen im gesamten elektromagnetischen Spektrum. Erdgebundene Radioteleskope können deren niederfrequente Strahlung auffangen, während die im All kreisenden Teleskope wie Fermi oder Chandra die hochfrequente Strahlung empfangen. Wie auf dem Bild zu Anfang dieses Berichts zu sehen, kann Hubble optisches Licht von einem der Jets in M87 auffangen –bei erdgebundenen Beobachtungen im sichtbaren Licht wurde bereits 1918 ein „merkwürdig gerader Strahl“ in M87 registriert.

Eine neue Überprüfung hochaufgelöster Daten mittels Very Long Baseline Interferometry (VLBI) – bei der Daten von geographisch weit entfernt gelegenen Radioteleskopen, die zu einem riesigen virtuellen Teleskop zusammengeschaltet sind, einfließen – bietet etwas mehr (aber wirklich nicht viel mehr) Einblick in den Aufbau und die Dynamik der Jets aktiver Galaxien.

Die Strahlung solcher Jets ist überwiegend nicht-thermisch (d.h., die Strahlung ist nicht unmittelbar das Ergebnis der Temperatur des Jetmaterials). Die Radioemission ist vermutlich auf Synchrotron-effekte zurückzuführen. Bei diesem Effekt kreisen Elektronen sehr schnell um Magnetfeldlinien und strahlen dabei über das gesamte elektromagnetische Spektrum Energie ab, allgemein mit einer Spitze im Radiobereich. Zudem könnte der inverse Compton-Effekt zur Strahlung bei höheren Frequenzen beitragen. Dieser Effekt beruht darauf, daß ein Photon mit einem sich schnell bewegenden Teilchen zusammenstößt, dieses dabei Energie auf das Photon überträgt und dem Photon damit eine höhere Frequenz gibt.

Dessen ungeachtet deuten VLBI-Beobachtungen darauf hin, daß sich die Jets eines Blazars innerhalb des 10- bis 100-fachen Radius eines supermassereichen Schwarzen Lochs bilden – und welche Kräfte auch immer am Werk sind, um diese Jets auf relativistische Geschwindigkeiten zu beschleunigen, sie können nur über eine Entfernung von dem 1000-fachen des Radius wirken. Die Jets können dann über Lichtjahre hinweg als Folge dieses Anfangsimpulses ausgesandt werden.

Nahe dem Ursprung der Jets finden sich Stoßfronten. An diesen Stellen könnte der über Magnetfelder angetriebene Energietransport (Poynting-Strömung) in den Energietransport durch Materieströme übergehen – und wo dennoch magnetohydrodynamische Kräfte dafür sorgen, daß der Jet über Licht-jahre hinweg ein eng begrenzter Strahl bleibt.

Mehr zu diesem Thema kann man in dem informativen, jedoch bisweilen fachlich anspruchsvollen Artikel von Lobanov nachlesen.

Weiterführende Literatur (im Internet zu finden unter):

arXiv:1010.2856v1

Andrei Lobanov

Physical properties of blazar jets from VLBI observations (2010)