Originalveröffentlichung am 10.06.2024 zu finden unter: https://webbtelescope.org/news/news-releases

Zusammenfassung: Webb findet 10-mal mehr Supernovae im frühen Universum als bisher bekannt
Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA erweist sich als hervorragen-der Supernova-Jäger! Mit seiner extremen Infrarotempfindlichkeit findet Webb weit entfernte Supernovae fast überall, wo es hinschaut. Webb ist ideal, um extrem weit entfernte Supernovae aufzuspüren, und zwar aufgrund eines Phänomens, das als kosmologische Rotverschiebung bezeichnet wird und bei dem das Licht, das sich durch das Universum bewegt, zu längeren Wellenlängen hin gedehnt wird. Das sichtbare Licht alter Supernovae wird so stark gedehnt, daß es im Infraroten landet. Die Instrumente von Webb sind auf die Beobachtung von infrarotem Licht abgestimmt und eignen sich daher ideal für die Suche nach diesen weit entfern-ten Supernovae. Anhand von Daten aus einer umfassenden Webb-Durchmusterung des frühen Universums hat ein Team zehnmal mehr weit entfernte Supernovae identifiziert als bisher bekannt waren. Diese Studie ist der erste wichtige Schritt zu umfassenderen Untersuchungen alter Supernovae mit Webb.
Das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA blickt tief in den Kosmos und ermöglicht Wissenschaftlern den ersten detaillierten Blick auf Supernovae aus einer Zeit, als unser Universum nur einen Bruchteil seines heutigen Alters hatte. Ein Team, das die Daten des Webb-Teleskops auswertet, hat zehnmal mehr Supernovae im frühen Universum identifiziert als bisher bekannt. Einige der neu entdeckten explodierten Sterne sind die am weitesten entfernten Beispiele ihres Typs, darunter auch solche, die zur Messung der Expansionsrate des Universums verwendet werden.
„Webb ist eine Maschine zur Entdeckung von Supernovae“, sagte Christa DeCoursey, Doktorandin im dritten Jahr am Steward Observatory und an der University of Arizona in Tucson. „Die schiere Zahl der Entdeckungen und die großen Entfernungen zu diesen Supernovae sind die beiden aufregendsten Ergebnisse unserer Durchmusterung.“
DeCoursey präsentierte diese Ergebnisse in einer Pressekonferenz auf der 244. Tagung der American Astronomical Society in Madison, Wisconsin.
‘Eine Maschine zur Entdeckung von Supernovae’
Um diese Entdeckungen zu machen, analysierte das Team Bilddaten, die im Rahmen des JWST Advanced Deep Extra-galactic Survey (JADES) Program gewonnen wurden. Webb ist ideal, um extrem weit entfernte Supernovae aufzuspüren, da ihr Licht zu längeren Wellenlängen gestreckt wird – ein Phänomen, das als kosmologische Rotverschiebung bekannt ist.
Bevor Webb gestartet wurde, waren nur eine Handvoll Supernovae oberhalb einer Rotverschiebung von 2 gefunden worden, was dem Alter des Universums von nur 3,3 Milliarden Jahren entspricht – nur 25 % seines heutigen Alters. Die JADES-Probe enthält viele Supernovae, die noch weiter in der Vergangenheit explodierten, als das Universum weniger als 2 Milliarden Jahre alt war.
Bisher haben Forscher mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA Supernovae aus der Zeit betrachtet, als sich das Universum im Stadium des „jungen Erwachsenen“ befand. Mit JADES sehen die Wissenschaftler Supernovae, als sich das Universum im „Teenager-“ oder „Vor-Teenager-Stadium“ befand. In der Zukunft hoffen sie, zurück auf die „Kleinkind“- oder „Säuglings“-Phase des Universums blicken zu können.
Um die Supernovae zu entdecken, verglich das Team mehrere Bilder, die im Abstand von bis zu einem Jahr aufgenommen wurden, und suchte nach Quellen, die in diesen Bildern verschwanden oder auftauchten. Diese Objekte, deren Helligkeit im Laufe der Zeit variiert, werden als transient bezeichnet, und Supernovae sind eine Art von Transienten. Insgesamt entdeckte das JADES Transient Survey Sample Team ungefähr 80 Supernovae in einem Himmelsausschnitt, der nur etwa so dick ist wie ein Reiskorn, das man auf Armeslänge hält.
„Dies ist wirklich unsere erste Stichprobe dafür, wie das hochrotverschobene Universum für die Transienten-Forschung aussieht“, sagt Teamkollege Justin Pierel, ein NASA Einstein-Stipendiat am Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore, Maryland. „Wir versuchen herauszufinden, ob ferne Supernovae sich grundlegend von dem unterscheiden, was wir im nahen Universum sehen, oder ob sie dem sehr ähnlich sind.“
Pierel und andere STScI-Forscher lieferten Expertenanalysen, um festzustellen, welche Transienten tatsächlich Super-novae waren und welche nicht, da sie oft sehr ähnlich aussahen.
Das Team identifizierte eine Reihe von Supernovae mit hoher Rotverschiebung, darunter die am weitesten entfernte, die jemals spektroskopisch bestätigt wurde, mit einer Rotverschiebung von 3,6. Ihr Vorgängerstern explodierte, als das Universum erst 1,8 Milliarden Jahre alt war. Es handelt sich um eine so genannte Kernkollaps-Supernova, eine Explosion eines massereichen Sterns.
Entfernte Supernovae vom Typ Ia aufspüren
Von besonderem Interesse für Astrophysiker sind Supernovae vom Typ Ia. Diese explodierenden Sterne sind so vorher-sagbar hell, daß sie zur Messung ferner kosmischer Entfernungen verwendet werden und den Wissenschaftlern helfen, die Expansionsrate des Universums zu berechnen. Das Team identifizierte mindestens eine Supernova vom Typ Ia mit einer Rotverschiebung von 2,9. Das Licht dieser Explosion begann vor 11,5 Milliarden Jahren zu uns zu reisen, als das Universum gerade einmal 2,3 Milliarden Jahre alt war. Der bisherige Entfernungsrekord für eine spektroskopisch bestätigte Supernova vom Typ Ia lag bei einer Rotverschiebung von 1,95, als das Universum 3,4 Milliarden Jahre alt war.
Wissenschaftler wollen Supernovae des Typs Ia bei hohen Rotverschiebungen analysieren, um herauszufinden, ob sie alle die gleiche Eigenhelligkeit haben, unabhängig von der Entfernung. Dies ist von entscheidender Bedeutung, denn wenn ihre Helligkeit mit der Rotverschiebung variiert, wären sie keine zuverlässigen Indikatoren für die Messung der Expansions-rate des Universums.
Pierel analysierte diese bei einer Rotverschiebung von 2,9 gefundene Supernova vom Typ Ia, um festzustellen, ob ihre intrinsische Helligkeit anders ist als erwartet. Dies ist zwar nur das erste Objekt dieser Art, aber die Ergebnisse deuten nicht darauf hin, daß sich die Helligkeit des Typs Ia mit der Rotverschiebung ändert. Es werden noch weitere Daten be-nötigt, aber vorerst bleiben die auf Supernovae vom Typ Ia basierenden Theorien über die Expansionsrate des Universums und sein endgültiges Schicksal unberührt. Pierel stellte seine Ergebnisse ebenfalls auf der 244. Tagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft vor.
Blick in die Zukunft
Das frühe Universum war ein ganz anderer Ort mit extremen Umgebungen. Wissenschaftler erwarten Supernovae aus der Frühzeit, die von Sternen stammen, die weit weniger schwere chemische Elemente enthalten als Sterne wie unsere Sonne. Der Vergleich dieser Supernovae mit denen im lokalen Universum wird Astrophysikern helfen, die Sternentstehung und die Mechanismen von Supernova-Explosionen in diesen frühen Zeiten zu verstehen.
„Wir öffnen im Grunde ein neues Fenster zum transienten Universum“, sagt STScI-Mitarbeiter Matthew Siebert, der die spektroskopische Analyse der JADES-Supernovae leitet. „In der Vergangenheit haben wir jedes Mal, wenn wir das ge-macht haben, extrem aufregende Dinge gefunden – Dinge, die wir nicht erwartet haben.“
„Weil Webb so empfindlich ist, findet es Supernovae und andere Transienten fast überall, wohin es gerichtet ist“, sagt Eiichi Egami, Mitglied des JADES-Teams und Forschungsprofessor an der University of Arizona in Tucson. „Dies ist der erste wichtige Schritt zu einer umfassenderen Durchmusterung von Supernovae mit Webb.“
Das James-Webb-Weltraumteleskop ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumforschung. Webb wird Rätsel in unserem Sonnensystem lösen, einen Blick auf ferne Welten um andere Sterne werfen und die geheimnisvollen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseren Platz darin erforschen. Webb ist ein internationales Programm unter der Leitung der NASA und ihrer Partner ESA (Europäische Weltraumorganisation) und CSA (Kanadische Weltraumorganisa-tion).
JADES-Transienten-Durchmusterung (NIRCam Ansicht)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): JWST Advanced Deep Extragalactic Survey, GOODS-S
- Objektbeschreibung: Tiefenfeld-Durchmusterung
- Rektaszension: 03:32:36.89
- Deklination: -27:46:49.33
- Sternbild: Fornax
- Abmessung: Das Bild hat einen Durchmesser von etwa 6 Bogenminuten
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F090W, F115W, F150W, F200W, F277W, F335M, F356W, F410M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um einen breiten Wellen-längenbereich zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F090W + F115W + F150W Grün: F200W + F277W + F335M Rot: F356W + F410M + F444W
Über das Bild: Das JADES Deep Field basiert auf Beobachtungen, die das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) der NASA im Rahmen des JADES-Programms (JWST Advanced Deep Extragalactic Survey) gemacht hat. Ein Team von Astronomen, das die JADES-Daten untersucht hat, hat etwa 80 Objekte (grün eingekreist) identifiziert, die ihre Helligkeit im Laufe der Zeit verändert haben. Die meisten dieser Objekte, die als Transienten bezeichnet werden, sind das Ergebnis explodierender Sterne, auch Supernovae genannt.
Vor dieser Durchmusterung wurden nur eine Handvoll Supernovae oberhalb einer Rotverschiebung von 2 gefunden, was einem Alter des Universums von nur 3,3 Milliarden Jahren entspricht – nur 25 % seines heutigen Alters. Die JADES-Probe enthält viele Supernovae, die noch weiter in der Vergangenheit explodierten, als das Universum weniger als 2 Milliarden Jahre alt war. Darunter ist auch die am weitesten entfernte Supernova, die jemals spektroskopisch nachgewiesen wurde, mit einer Rotverschiebung von 3,6. Ihr Vorgängerstern explodierte, als das Universum erst 1,8 Milliarden Jahre alt war.
JADES-Transienten (NIRCam Ansicht)
- Fast Facts
- Objekt
- Objektname(n): JWST Advanced Deep Extragalactic Survey, GOODS-S
- Objektbeschreibung: Tiefenfeld-Durchmusterung
- Rektaszension: 03:32:36.89
- Deklination: -27:46:49.33
- Sternbild: Fornax
- Abmessung: Das Bild hat einen Durchmesser von etwa 6 Bogenminuten
- Daten
- Instrument: NIRCam
- Filter: F090W, F115W, F150W, F200W, F277W, F335M, F356W, F410M, F444W
- Bild
- Farbinformation: Diese Bilder sind ein Komposit aus Einzelbelichtungen, die vom James-Webb-Weltraumteleskop mit dem NIRCam-Instrument aufgenommen wurden. Es wurden mehrere Filter verwendet, um einen breiten Wellen-längenbereich zu erfassen. Die Farbe ergibt sich aus der Zuweisung verschiedener Farbtöne (Farben) zu jedem mono-chromatischen (Graustufen-)Bild, das einem einzelnen Filter zugeordnet ist. In diesem Fall sind die zugewiesenen Farben:
- Blau: F090W + F115W + F150W Grün: F200W + F277W + F335M Rot: F356W + F410M + F444W
Über das Bild: Dieses Mosaik zeigt drei von etwa 80 Transienten, also Objekte mit sich ändernder Helligkeit, die in Daten des JADES-Programms (JWST Advanced Deep Extragalactic Survey) identifiziert wurden. Die meisten der Transienten sind das Ergebnis explodierender Sterne oder Supernovae. Durch den Vergleich von Bildern, die in den Jahren 2022 und 2023 aufgenommen wurden, konnten die Astronomen Supernovae ausfindig machen, die aus unserer Perspektive vor kurzem explodiert sind (wie die Beispiele in den ersten beiden Spalten), oder Supernovae, die bereits explodiert waren und deren Licht gerade verblaßt (dritte Spalte).
Das Alter jeder Supernova läßt sich anhand ihrer Rotverschiebung (bezeichnet mit „z“) bestimmen. Das Licht der am weitesten entfernten Supernova mit einer Rotverschiebung von 3,8 ist entstanden, als das Universum erst 1,7 Milliarden Jahre alt war. Eine Rotverschiebung von 2,845 entspricht einem Zeitpunkt von 2,3 Milliarden Jahren nach dem Urknall. Das nächstgelegene Beispiel mit einer Rotverschiebung von 0,655 zeigt Licht, das seine Galaxie vor etwa 6 Milliarden Jahren verließ, als das Universum etwas mehr als die Hälfte seines heutigen Alters hatte.