Wie weit sind die Plejaden wirklich entfernt?

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine neue Entfernungsmessung für den abgebildeten Sternhaufen der Plejaden untermauert die vorhandenen astrophysikalischen Modelle und ist mit dem Ergebnis einer früheren Messung, die diese Modelle anzweifelte, unvereinbar. NASA / ESA / AURA / Caltech


 
Der Sternhaufen der Plejaden, eine wunderschöne Ansammlung mehrerer hundert Sterne, sichtbar am Winterhimmel nahe dem Sternbild Orion, sind jahrtausendelang durch den Menschen bewundert worden; er wird in der Bibel und den Arbeiten griechischer Autoren erwähnt. Die Plejaden sind ein recht junger Sternhaufen: sein geschätztes Alter von nur rund 100 Millionen Jahren bedeutet, daß er entstand, lange nachdem die Dinosaurier des Jura Geschichte wurden.
Die Plejaden liegen noch dazu relativ dicht bei der Erde, etwa 439 Lichtjahre gemäß den meisten Messungen, mit einer Unsicherheit von weniger als etwa 1%. Die Entfernung ist eine kritische Größe (wie bei vielen astronomischen Untersuchungen), da die wahre Leuchtkraft eines Sterns durch Messung seines beobachteten Photonenflusses und nachfolgender Entfernungskorrektur bestimmt wird. Die wahre Leuchtkraft wiederum wird verwendet, um das Alter und allgemeine Eigenschaften des Sterns zu bestimmen. Die Astronomen sind der Meinung, daß sie die inneren Abläufe von Sternen wie jene in den Plejaden gut genug verstehen, um den beobachteten Fluß genau zu erklären, in der Tat so gut, daß auch nur eine kleine Änderung in der Entfernung zu den Plejaden, in der Größenordnung von 10%, die wahren Werte der Leuchtkraft stark genug ändern würde, um Sand ins Getriebe der Sternmodelle zu streuen. Unglücklicherweise ergab im Jahr 2009 die Neuanalyse von Daten der europäischen Hipparcos-Mission, ein Satellit, der zur Messung der Entfernungen von Sternen entworfen worden war, daß die tatsächliche Entfernung der Plejaden nur 395 Lichtjahre beträgt, bei 1% Unsicherheit. Diese Änderung war ausreichend, um das heutige Verständnis nicht nur über die Sterne in den Plejaden durcheinanderzubringen, sondern viel allgemeiner einige Einzelheiten, wie Sterne funktionieren, in Frage zu stellen.
Die Astronomen Carl Melis, Mark Reid (CfA), Amy Mioduszewski, John Stauffer und Geoffrey Bower haben jetzt eine 1.5-jährige Untersuchung zur Entfernung der Sterne in den Plejaden abgeschlossen; sie nutzten die Radiointerferometrie, bei der eine Reihe von Radioteleskopen weltweit zusammen arbeiten, um Bilder mit extrem hoher räumlicher Auflösung zu erhalten. Diese Bilder werden anschließend, während die Erde die Sonne umrundet, mit den neuen Bildern verglichen, um so Parallaxenmessungen für die stellaren Entfernungen zu erhalten, die direkteste und verlässlichste Methode der Entfernungsmessung. In der Ausgabe 345 der Zeitschrift Science berichten die Astronomen, daß die tatsächliche Entfernung für die Plejaden 448 Lichtjahre, bei einer Unsicherheit von 0.9%, beträgt – im Wesentlichen gleich dem traditionellen Wert und im Widerspruch zum Ergebnis von Hipparcos, welcher, so argumentieren sie, unter einigen nicht berichtigten Fehlern leidet. Die neuen Ergebnisse festigen die vorhandenen astrophysikalischen Modelle zum Alter der Sterne in den Plejaden.
Literatur:
„A VLBI Resolution of the Pleiades Distance Controversy“
Carl Melis, Mark J. Reid, Amy J. Mioduszewski, John R. Stauffer, and Geoffrey C. Bower
Science 29 Aug 2014: Vol. 345, Issue 6200, pp. 1029-1032