Sternentstehung in den Außenbezirken von Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Sternentstehung in den äußeren Spiralregionen der Galaxie NGC 4625 im ultravioletten Licht zu sehen (blau); diese Arme sind im optischen Licht so gut wie unsichtbar, besitzen aber heiße, neu entstandene Sterne, die im UV-Bereich strahlen. In einer neuen Untersuchung wurde entdeckt, daß die Sternentstehungsprozesse in diesen äußeren Regionen gewöhnlich den Prozessen in normalen, dichteren Regionen gleichen, wo molekulares Gas vorkommt. Das atomare Gas ist mit Radiolicht (purpur) aufgespürt worden; optisches Sternlicht ist rot wiedergegeben.
NASA / JPL-Caltech / Carnegie Observatories / WSRT


 
Das Umfeld der Sternentstehung kann annähernd in drei Gruppen unterteilt werden, eingestuft nach der Dichte des vorhandenen Gases (oder genauer, die hochgerechnete „Oberflächen“dichte des Gases, die einfacher zu bestimmen ist als die herkömmliche Volumendichte). In Gebieten mit mittlerer Dichte, wo das Gas überwiegend molekular und nicht atomar vorliegt, gibt es eine enge Beziehung zwischen der Heftigkeit der stattfindenden Sternentstehung und der Dichte. Dieses Ergebnis ist die Grundlage für die Folgerung, daß sich Sterne aus molekularem Material bilden. In Gebieten mit sehr hoher Dichte, die man in verschmelzenden und Starburst-Galaxien findet, sind die Sternentstehungsraten verglichen mit der Gesamtmasse an verfügbarem Material sogar größer. Über Regionen mit niedriger Gasdichte ist über Beziehungen zwischen der Gesamtmasse und der Sternentstehungsaktivität wenig bekannt.
Doch sind Regionen mit niedriger Dichte bedeutsam: sie können sehr große Raumgebiete in den äußeren Bezirken von Galaxien umfassen, die sich durchaus jenseits der Grenzen erstrecken, die durch Sternlicht im sichtbaren Licht bestimmt sind. Kürzlich konnte durch die sorgfältige Suche nach molekularem Gas in den äußeren Bereichen für diese Komponente eine Karte gewonnen werden, während Durchmusterungen im ultravioletten Licht zeigten, daß diese Strahlung bis zu viermal über den vom optischen vermittelten Radius von Galaxien reichen. Da die UV-Strahlung von heißen jungen Sternen erzeugt wird, nimmt man an, daß sich in diesen Gebieten neue Sterne bilden. Steht die Sternentstehung in diesen äußeren Regionen mit der Gasdichte auf die gleiche Weise in Beziehung wie bei Gebieten höherer Dichte, oder könnte der Sternentstehungsprozeß vielleicht anders ablaufen?
CfA-Astronomin Linda Watson leitete ein Team von weiteren vier Astronomen, die diese Fragen zu beantworten suchten. Sie werteten publizierte Beobachtungen von Kohlenmonoxidgas (ein deutlicher Indikator für molekulares Material) in fünfzehn äußeren Regionen der Galaxie NGC 4625 aus, in denen UV-Strahlung gemessen wurde, die aber im Optischen schwach ausgeprägt sind, und leiteten die Beziehung zwischen Sternentstehung und Gasdichte ab. Sie fanden heraus, daß im Allgemeinen die Aktivität mit den gleichen physikalischen Prozessen vereinbar ist wie in den helleren, inneren Regionen der Galaxien, eine Feststellung, die einigermaßen beruhigend für Theoretiker ist. Aber sie entdeckten auch einige Außenbezirke, wo anderes zu beobachten war: viel höhere Sternentstehungsraten hatten sich herausgebildet. Gas in molekularer Form ist ein grobes Indiz für das Alter (da es Zeit benötigt, atomares Material in molekulares umzusetzen) und die meisten Regionen in dieser Untersuchung werden zwischen etwa ein bis sieben Millionen Jahre geschätzt. Das Team zieht die Möglichkeit in Betracht, daß Entwicklungseffekte zwischen diesen Gebieten am Werk sein könnten und drängt auf genauere Beobachtungen des Kohlenmonoxids, um eine Auswertung auf breiterer Basis zu ermöglichen.
Literatur:
„Testing the molecular-hydrogen Kennicutt–Schmidt law in the low-density environments of extended ultraviolet disc galaxies“
Linda C. Watson, Paul Martini, Ute Lisenfeld, Torsten Boker, and Eva Schinnerer
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 455, 1807–1818 (2016)