Kartierung der Milchstraße

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Ein künstlerischer Entwurf des neuen Bildes unserer Milchstraße, abgeleitet aus Messungen von Parallaxen mit Radiostrahlung. Punkte deuten die Orte massereicher Sternentstehungsgebiete an, deren Entfernungen neu bestimmt worden sind. Mark Reid (CfA) und R. Hurt (NASA / JPL-Caltech / SSC)


 
Die Größe und Gestalt unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, ist eine wichtige Information, da sie die Geschichte von Aufbau und Entwicklung unserer kosmischen Nachbarschaft beinhaltet. Dieses Wissen ist aber auch deshalb von Bedeutung, da unsere Kenntnis über Größe und Form der Galaxis es Astronomen erlaubt, die Entfernungen zu Objekten abzuleiten, die innerhalb der Galaxis lokalisiert sind. Die Entfernung wiederum ist oft der größte Unsicherheitsfaktor, wenn die Masse eines Sterns oder eines anderen Objekts aus dessen scheinbarer Helligkeit berechnet wird. Umgekehrt ermöglicht die Kenntnis der genauen Entfernungen zu Objekten in der Galaxis den Astronomen, ein schlüssiges Bild von der Größe und Form der Galaxis zusammenzustellen.
Die Entfernungen zu benachbarten Sternen sind mit Hilfe der Parallaxentechnik genau und sorgfältig vermessen. Wenn ein Himmelskörper aus verschiedenen, weit voneinander entfernten Punkten betrachtet wird, scheint seine Position in Bezug auf viel entferntere Hintergrundsterne unterschiedlich zu sein: seine Parallaxe. Die Parallaxe wird herangezogen, um die Entfernungen zu Sternen durch Messung ihrer scheinbaren Winkelverschiebungen im Abstand von 6 Monaten zu triangulieren, wenn sich die Erde auf gegenüberliegenden Seiten ihrer Umlaufbahn um die Sonne befindet. Aber diese traditionelle Technik funktioniert nur für recht nah gelegene Sterne, für die die Winkelverschiebungen vergleichsweise groß sind. Doch ist der Sachverhalt so wichtig, daß Astronomen für fast ein Jahrhundert (seit erkannt wurde, daß die Milchstraße eine Galaxie ist) versucht haben, ein stimmiges Bild zusammenzusetzen.
14 Astronomen haben eine neue radioastronomische Parallaxentechnik verbessert, mit der man helle Objekte bis auf 20.000 Lichtjahre und mehr messen kann. In sechs Arbeiten legt das Team in der neuesten Ausgabe des Astrophysical Journal ihre neuen Bestimmungen von Entfernungen zu achtzehn Regionen starker Sternentstehung mit extrem heller Maseraktivität vor (Maser sind die Radiogegenstücke der Laser). Die starke Strahlung erlaubt den Wissenschaftlern, für diese entfernten Quellen die Parallaxe zu messen und das Team beobachtete deren scheinbare Winkelverschiebungen über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren.
Die Astronomen geben für Objekte neue Entfernungen an, die von nahen 1.340 Lichtjahren bis zu fernen 19.530 Lichtjahren reichen. Ihre Resultate berichtigen in manchen Fällen drastische Fehler früherer Entfernungsabschätzungen um den Faktor zwei. Zusätzlich berechnen sie eine neue Entfernung zum Zentrum der Galaxis – 27.400 Lichtjahre – und sie ziehen den Schluß, daß die Galaxis wahrscheinlich vier Spiralarme besitzt. Die Ergebnisse sind ein Meilenstein bei den Entfernungsmessungen und der erste Schritt im Erstellen eines viel genaueren Bildes von der Größe und Form unserer kosmischen Nachbarschaft.