Hochenergetische Gammastrahlen

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Sehr hochenergetische Gammastrahlung, gemessen von VERITAS. Die Farbskala zeigt die Zahl der eingetroffenen Gammaphotonen an, wobei weiß für die höchsten Zahlen steht. Konturlinien zeigen die Strahlung von molekularem Gas an. Das offene gelbe Kreuz markiert den Ort eines Neutronensterns (die Asche einer Supernova). Acciari et al.


 
Gammastrahlen sind die energiereichste bekannte Form elektromagnetischer Strahlung, bei der jedes Gammaphoton mindestens 100.000-mal energiereicher als ein Photon des sichtbaren Lichts ist. Die energiereichsten Gammastrahlen, sogenannte VHE-Gammastrahlen (very high energy), sind noch einmal eine Milliarde mal, oder sogar noch energiereicher. Astronomen vermuten, daß VHE-Gammastrahlen in der Umgebung der Winde oder Jets von kompakten, superdichten Überresten massereicher Sterne erzeugt werden, die bei Supernova-Explosionen zurückgelassen wurden.
Es gibt zwei Arten kompakter Objekte, die bei Supernovae hervorgebracht werden: Schwarze Löcher und Neutronensterne (hauptsächlich aus Neutronen bestehend). Die Winde, die Jets oder die Magnetfelder in der Umgebung dieser Objekte sind bekannterweise in der Lage, Elektronen bis nah an die Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen; wenn Licht an solchen energiereichen Teilchen streut, wird es ebenfalls energiereicher und erreicht manchmal die Energiebereiche der VHE-Gammastrahlen. Ein anderslautendes Szenario schlägt vor, daß kollidierende Protonen die Quelle für die VHE-Gammastrahlen sein könnten.
VERITAS (Very Energetic Radiation Imaging Telescope Array System) ist entworfen worden, um Gammastrahlung zu untersuchen und besteht aus vier Teleskopen zu je 12 Metern, die am Fred L. Wipple Observatorium auf dem Mt. Hopkins in Arizona stehen. VERITAS wurde von einem internationalen Astronomenteam eingesetzt, um VHE-Gammastrahlen eines Supernova-Überrests zu messen, der etwa 40.000 Lichtjahre von der Erde entfernt in unserer Galaxis aufzuspüren ist. Die vier Teleskope (das Teleskopfeld) waren in der Lage, ein Bild der VHE-Emission zu erhalten; deren überaus zuverlässige Messung war gut genug um zu zeigen, daß diese energiereichen Gammastrahlen aus einer ausgedehnten Region stammen. Die Forscher waren davon überrascht, daß die Emission auf eine dem Supernova-Überrest nah gelegene Molekülwolke (die Wolke wurde durch ihre Abstrahlung von Millimeterwellen gemessen) zurückgeht und vom Ort des Neutronensterns selbst deutlich versetzt ist. Eine Folgerung dieser Feststellung ist, daß diese VHE-Gammastrahlen nicht durch energiereiche Elektronen, die durch das kompakte Objekt beschleunigt wurden, erzeugt werden können; jedoch können Protonen, die mit der Molekülwolke wechselwirken, die Strahlung hervorrufen. Die neue Arbeit liefert einen tieferen Einblick in die am Werk befindlichen physikalischen Prozesse im Umfeld solch außergewöhnlicher kosmischer Objekte.