Die Struktur eines aktiven galaktischen Kerns (Originalartikel vom 12.01.2018)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Hubble-Bild der superleuchtkräftigen, verschmelzenden Galaxie Arp 220. Astronomen haben Strukturen in der Größe von nur einigen hundert Lichtjahren um die beiden supermassereichen Schwarzen Löcher in der Kernregion gemessen sowie Indizien für eine Abströmung gefunden. NASA, ESA, the Hubble Heritage Team (STScI / AURA)-ESA / Hubble Collaboration and A. Evans (University of Virginia, Charlottesville / NRAO / Stony Brook University)


 
Die Kerne der meisten Galaxien beheimaten supermassereiche Schwarze Löcher, die Millionen bis Milliarden Sonnenmassen an Material enthalten. Zur direkten Umgebung dieser Schwarzen Löcher gehört gewöhnlich ein Torus aus Staub und Gas und, wenn Material auf das Schwarze Loch zufällt, strahlt das Gas intensiv bei allen Wellenlängen. Auch wenn die Modelle für diese aktiven galaktischen Kerne (AGN = active galactic nuclei) recht gut sind, ist es schwierig, direkte Hinweise auf die inneren Strukturen der AGN zu erhalten, da sie weit entfernt sind und ihre Ausdehnungen nur einige zehn Lichtjahre bis hunderte von Lichtjahren betragen sollen.
David Wilner vom CfA und seine Kollegen haben mit dem Millimeter-Teleskop ALMA den am nächsten gelegenen AGN, Arp 220, untersucht, der besonders aktiv sein soll, nachdem er jüngst eine Verschmelzung mit einer anderen Galaxie durchlaufen hat. Die beiden verschmelzenden Kerne sind ungefähr 1.200 Lichtjahre voneinander entfernt und jeder besitzt eine sich drehende Scheibe aus molekularem Gas in der Größenordnung von einigen hundert Lichtjahren. Heftige Sternentstehung ist in der Region ebenso offenkundig wie zumindest eine aus den beobachteten hohen Geschwindigkeiten gefolgerte molekulare Abströmung. Aber es gibt zahlreiche ungelöste strukturelle Fragen zu diesen inneren Regionen; dazu zählt, wie das Gas zu, von und zwischen den beiden verschmelzenden Kernen strömt und welche Gebiete genau für die vorherrschenden Quellen der Leuchtkraft verantwortlich sind. Diese hochaufgelösten Millimeter-Beobachtungen nutzten die Astronomen, um solche Fragen zu klären, denn dichter Staub blockiert größtenteils den Blick bei kürzeren Wellenlängen, ist aber bei diesen Wellenlängen relativ durchsichtig.
Die Forscher können den Aufbau der Kontinuumsstrahlung der beiden einzelnen Kerne in deren Staub- und heiße Gaskomponenten zerlegen. Sie schreiben, daß jeder Kern zwei konzentrische Komponenten besitzt, wovon die größeren wohl mit den Starburst-Scheiben verbunden sind, die irgendwie durch die Schwarzen Löcher aktiviert wurden; die kleineren Komponenten, ungefähr 60 Lichtjahre groß, tragen etwa 50% zur Leuchtkraft im Submillimeter-Bereich bei; dies ist fast der doppelte Wert früherer Abschätzungen. Einer der Kerne alleine hat sogar eine Leuchtkraft von circa drei Billionen Sonnen und damit mehr als die gesamte Strahlung des anderen AGN, ganz abgesehen von dem verhältnismäßig kleinen Volumen, in dem diese Strahlung entsteht. Die Kerne in Arp 220 scheinen eine dritte, längere geradlinige Struktur zu besitzen, welche die Abströmung darstellen könnte, die zuvor nur in den spektroskopischen (Geschwindigkeits-) Daten zu sehen war.
Literatur:
„Resolved Structure of the Arp 220 Nuclei at 3mm“
Kazushi Sakamoto, Susanne Aalto, Loreto Barcos-Muñoz, Francesco Costagliola, Aaron S. Evans, Nanase Harada, Sergio Martín, Martina Wiedner, and David Wilner
The Astronomical Journal 849, 14, 2017
oder
arXiv:1709.08537v1 [astro-ph.GA]