Die gleichgerichtete Eigendrehung eines Schwarzen Lochs

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Künstlerische Darstellung eines Röntgenlicht abstrahlenden Doppelsternsystems mit Schwarzem Loch. In einer neuen Untersuchung ist bei einem bemerkenswerten Beispiel der Drehimpuls gemessen worden und bestätigte, im Gegensatz zu einigen früheren Behauptungen, daß der Drehimpuls mit der Rotation der Akkretionsscheibe verbunden ist. NASA / ESA

Ein Schwarzes Loch zeichnet sich in der traditionellen Theorie dadurch aus, „keine Haare“ zu besitzen; dies besagt, daß es so einfach ist, daß es durch nur drei Größen beschrieben werden kann: seiner Masse, seinem Eigendrehimpuls und seiner elektrischen Ladung. Auch wenn es sich aus einer komplexen Mischung von Materie und Energie gebildet hat, gehen alle individuellen Einzelheiten verloren, wenn diese Mischung zu einem singulären Punkt kollabiert. Dieser ist von einem „Horizont“ umgeben. Sobald irgendetwas – Materie oder Licht (Energie) – über diesen Horizont hinweg nach innen fällt, kann es nicht entkommen. Deswegen erscheint die Singularität schwarz. Außerhalb dieses Horizonts kann eine rotierende Akkretionsscheibe frei strahlen.

Astronomen sind in der Lage, den Eigendrehimpuls von Schwarzen Löchern zu messen, indem sie die Röntgenstrahlung aus dessen Umgebung auf einem von zwei Wegen genau modellieren: man kann das theoretische Emissions-Kontinuumsspektrum den Beobachtungen anpassen oder die Form einer Emissionslinie von hochionisiertem Eisen modellieren. Bisher ist der Eigendrehimpuls von zehn stellaren Schwarzen Löchern bestimmt worden und die Anpassungsmethode mittels Kontinuumsspektrum hat sich als recht zuverlässig erwiesen. Kürzlich wurde ein helles Schwarzes Loch, „Nova Muscae 1991“, entdeckt, das sich gewissermaßen entgegengesetzt zur Rotationsrichtung seiner Scheibe dreht, ein sehr ungewöhnliches und seltsames Ergebnis, da sich beide einigermaßen gemeinsam entwickeln sollten. Der Eigendrehimpuls für dieses Schwarze Loch wurde bislang als niedrig angesehen, etwa bei zehn Prozent der von der Relativitätstheorie erlaubten Grenze.

Neben anderen haben die CfA-Astronomen Jeff McClintock, James Steiner und Jainfeng Wu auf archivierte Röntgendaten für diese Quelle zurückgegriffen und verbesserte Messungen für die drei Schlüsselgrößen erhalten, die für die Anpassungsmethode mittels Kontinuumsspektrum benötigt werden: Masse (11.0 Sonnenmassen), Scheibenneigung (43.2 Grad) und Entfernung (16.300 Lichtjahre); jede Größe ist mit einer entsprechenden (geringen) Unsicherheit behaftet. Unter Verwendung der neuen Zahlen, mit denen das Modell für den Eigendrehimpuls von Nova Muscae 1991 neu abgeschätzt wurde, berichten die Wissenschaftler, daß der Eigendrehimpuls in Wirklichkeit ungefähr fünfmal größer ist als zuvor veranschlagt. Wichtiger jedoch ist, daß die Eigendrehung des Schwarzen Lochs eindeutig in die gleiche Richtung wie die Eigendrehung der Scheibe weist und nicht entgegengesetzt ausgerichtet ist. Die neuen Resultate lösen ein mögliches Rätsel und liefern eine Bestätigung für die allgemeinen Methoden, mit denen Schwarze Löcher modelliert werden.

Literatur:

„The Spin of the Black Hole in the X-ray Binary Nova Muscae 1991“

Zihan Chen, Lijun Gou, Jeffrey E. McClintock, James F. Steiner, Jianfeng Wu, Weiwei Xu, Jerome A. Orosz, and Yanmei Xiang

The Astrophysical Journal, 825:45 (12pp), 2016 July 1