Chirale Moleküle im Weltraum

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Chirale Moleküle sind Moleküle mit “Händigkeit”, daß heißt, sie nehmen eine von zwei Formen ein, die in der chemischen Zusammensetzung zwar gleich sind, aber spiegelbildliche Form – wie unsere rechten und linken Hände – aufweisen: keine Rotation kann die eine Form in die andere Form überführen. Aus unbekannten Gründen sind im Wesentlichen alle biologischen Moleküle homochiral (sie besitzen nur eine, die gleiche Form). Auf der Erde ist diese Form für Zucker linkshändig; unsere Körper können rechtshändige Zucker nicht verarbeiten.

Die Entstehung der Homochiralität ist ein im Zentrum stehendes Rätsel bei der Untersuchung unserer kosmischen Herkunft. Obwohl einige Wissenschaftler Gründe dafür angeführt haben, daß Homochiralität einige evolutionäre Vorteile bietet, sind die Mechanismen für die Auswahl der einen gegenüber der anderen Form unklar. Diese Mechanismen zu enträtseln setzt voraus, daß wir die mögliche Herkunft des Phänomens verstehen. Die bis jetzt im Labor untersuchten ältesten Materialien sind Proben von Meteoriten, doch Astronomen haben nach noch viel älteren Beispielen in der reichen Chemie des interstellaren Mediums gesucht und nutzen Techniken der Radioastronomie, um nach spektralen Signalen von gasförmigen chiralen Molekülen zu suchen.

CfA-Astronom Ryan Loomis gehörte zu einer Gruppe von Wissenschaftlern an, die das erste bekannte chirale, interstellare Molekül, Propylenoxid (CH3CHCH2O) entdeckt hat. Die Forscher sagten die Stärke seiner spektralen Besonderheiten unter Zuhilfenahme ihrer Modelle vorher und identifizierten drei Signale, von denen sie erwarteten, daß sie stark genug sein würden, um gemessen zu werden. Ein spektrales Signal liegt in einem Teil des Radiospektrums mit hohem Hintergrundrauschen, aber die beiden anderen, mit Wellenlängen von etwa zwei Zentimetern, sind vom Hintergrundrauschen frei. Sie suchten nach diesen spektralen Signaturen in den frei zugänglichen Archiven des Green Bank Teleskops zu den Beobachtungen an der Riesenmolekülwolke Sagittarius B2, die für ihre Fülle an komplexen Molekülen bekannt ist. Sie fanden jede Linie in den Beobachtungsdaten so klar und deutlich, daß die Linien ohne Hintergrundrauschen für sich selbst sprechen. Für das spektrale Signal mit dem starken Hintergrundrauschen suchten und fanden sie für eine gute, erneute Messung das australische Parkes Radioteleskops, das in einer Umgebung mit viel niedrigerem Hintergrundrauschen arbeitet. Eine genaue Untersuchung weiterer möglicher Erklärungen für die Absorptionsmerkmale ergab keine anderen plausiblen Kandidaten.

Wenn die neuen Ergebnisse somit auch nur historische, chirale Moleküle gemessen haben, sind die Spektren beider Händigkeiten identisch und es ist unbekannt, ob sie homochiral sind. Auch liefern diese Ergebnisse keinen Mechanismus, der auf lange Sicht eine der beiden Händigkeiten bevorzugt auswählen könnte. Allerdings kann das Team das vermutete Umfeld dieser Moleküle berechnen, bei der es sich um eine kalte, durch Stoßwellen geschockte Schale handelt, die einen dichten Kern mit vielen weiteren organischen Molekülen umgibt. Sie spekulieren kurz über die Rolle einer besonders interessanten Möglichkeit, um Moleküle einer bestimmten Händigkeit zu bevorzugen: zirkular polarisiertes Licht in der Wolke, das ebenfalls eine Händigkeit aufweist. Zweifelsohne ist viel mehr Forschung ist notwendig; inzwischen belegen die neuen Ergebnisse, daß chirale Moleküle im Raum existieren und für Untersuchungen bereitstehen.

Literatur:

„Discovery of the Interstellar Chiral Molecule Propylene Oxide (CH3CHCH2O)“

Brett A. McGuire, P. Brandon Carroll, Ryan A. Loomis, Ian A. Finneran, Philip R. Jewell, Anthony J. Remijan, Geoffrey A. Blake

Science 17 Jun 2016: Vol. 352, Issue 6292, pp. 1449-1452

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