Besteht Dunkle Materie aus primordialen Schwarzen Löchern? (Originalartikel vom 20.04.2018)

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff
(Originalartikel unter www.cfa.harvard.edu)

Die irreguläre Zwerggalaxie IC 1613. Astronomen, die sich fragen, ob ursprüngliche, sogenannte primordiale Schwarze Löcher die Dunkle Materie im Universum bilden könnten, vermuten, daß die Formen lichtschwacher Zwerggalaxien mit Halos aus Dunkler Materie die Antwort geben könnten. NASA / JPL-Caltech / SSC


 
Astronomen, welche die Bewegungen von Galaxien und die Natur der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung untersuchten, mußten im letzten Jahrhundert feststellen, daß ein Großteil der Materie im Universum nicht sichtbar war. Ungefähr 84% der Materie im Kosmos ist Dunkle Materie, davon viel in Halos um Galaxien. Diese Materieform wurde Dunkle Materie genannt, da sie kein Licht abstrahlt und noch dazu rätselhaft ist: sie besteht nicht aus Atomen oder deren normale Bausteine wie Elektronen und Protonen.
Zwischenzeitlich haben Astronomen die Auswirkungen von Schwarzen Löchern beobachtet und kürzlich sogar Gravitationswellen von einem Paar verschmelzender Schwarzer Löcher entdeckt. Schwarze Löcher entstehen normalerweise beim explosiven Tod von massereichen Sternen, ein Vorgang, der viele Hunderte von Millionen Jahren dauern kann, wenn sich ein Stern aus dem umgebenden Gas formt, entwickelt und am Ende untergeht. Man vermutet, daß einige Schwarze Löcher im frühen Universum existiert haben, aber es gibt wahrscheinlich im frühen Universum für den gewöhnlichen Bildungsprozeß nicht ausreichend Zeit, um aufzutreten. Es sind einige alternative Entstehungswege vorgeschlagen worden, wie der direkte Kollaps von primordialem Gas oder Prozesse, die im Zusammenhang mit der kosmischen Inflation stehen und so könnten viele dieser primordialen Schwarzen Löcher gebildet worden sein.
CfA-Astronom Quirong Zhu leitete eine Gruppe von vier Wissenshaftlern, die die Möglichkeit untersuchten, daß die heutige Dunkle Materie aus primordialen Schwarzen Löchern aufgebaut ist und knüpften an zuvor veröffentlichte Ideen an. Bestehen galaktische Halos aus Schwarzen Löchern, sollten sie eine andere Dichteverteilung haben als Halos, die aus exotischen Teilchen bestehen. Es gibt außerdem noch einige andere Unterschiede – man erwartet, daß sich Halos aus Schwarzen Löchern in der Entwicklung einer Galaxie früher gebildet haben als einige andere Arten von Halos. Die Wissenschaftler schlagen vor, daß ein Blick auf die Sterne in den Halos von lichtschwachen Zwerggalaxien diese Effekte aufdecken kann, da Zwerggalaxien klein und lichtschwach sind (sie scheinen mit nur wenigen tausend Sonnenleuchtkräften) und minimale Effekte viel einfacher erkannt werden können. Die Gruppe ließ eine Reihe von Computersimulationen laufen, um zu testen, ob die Halos von Zwerggalaxien die Anwesenheit primordialer Schwarzer Löchern verraten könnten und sie entdeckten, daß sie es könnten: Wechselwirkungen zwischen Sternen und primordialen Schwarzen Löchern sollten die Größenordnung der Verteilung der Sterne geringfügig verändern. Die Astronomen folgerten zudem, daß derartige Schwarze Löcher Massen zwischen ungefähr zwei und vierzehn Sonnenmassen aufweisen müßten; dies liegt genau im erwarteten Bereich für diese exotischen Objekte (wenn auch kleiner als die kürzlich durch Gravitationswellendetektoren entdeckten Schwarzen Löcher) und ist mit den Schlußfolgerungen anderer Untersuchungen vergleichbar. Doch betont das Team nachdrücklich, daß bis jetzt all die Modelle nicht überzeugend sind und die Natur der Dunklen Materie schwer faßbar bleibt.
Literatur:
„Primordial Black Holes as Dark Matter: Constraints from Compact Ultra-faint Dwarfs“
Qirong Zhu, Eugene Vasiliev, Yuexing Li, and Yipeng Jing
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 476, 2, 2018
oder
arXiv:1710.05032v1 [astro-ph.CO] 13 Oct 2017