Akkretierende Schwarze Löcher in Galaxien

Weekly Science Update – Übersetzt von Harald Horneff

Eine Hubble-Aufnahme der Seyfert-Galaxie NGC 7742. Eine neue Arbeit führt Gründe an, daß die Existenz zweier Arten von Seyfert-Galaxien das Ergebnis ihrer verschiedenen physikalischen Mechanismen und nicht einfach nur Unterschiede im Betrachtungswinkel sein könnte. NASA / Hubble Space Telescope


 
Seyfert-Galaxien sind, unsere eigene Milchstraße eingeschlossen, gewöhnliche Galaxien mit Ausnahme eines entscheidenden Aspekts: ihre Kerne sind unglaublich hell. In einigen Fällen sind sie so leuchtkräftig wie 100 Milliarden Sonnen; sogar die schwächsten Seyfert-Kerne sind allerdings noch so leuchtkräftig wie eine Million Sonnen. Astronomen nehmen an, daß diese gewaltigen Energiemengen durch ein massereiches Schwarzes Loch im Zentralbereich und nicht durch eine Ansammlung von Sternen erzeugt werden. Während Materie in die Umgebung des Schwarzen Lochs fällt, heizt sie sich auf und strahlt intensiv. Astronomen sind der Überzeugung, daß unsere Milchstraße ebenfalls ein Schwarzes Loch in ihrem Zentrum hat, aber (aus Gründen, die bisher nicht vollständig verstanden sind) ist unser galaktisches Zentrum nicht besonders hell.
Es scheint zwei Arten von Seyfert-Galaxien zu geben: solche, deren helle Kerne auch Licht von hoch angeregten Atomen, die sich mit hohen Geschwindigkeiten bewegen (dies liefert Hinweise auf außergewöhnliche Bedingungen), abstrahlen und solche ohne diese atomaren Spektrallinien. Die gängigste Erklärung für diese beiden Arten ist das sogenannte „Vereinheitlichungs-Modell“: die Galaxien sind ihrem Wesen nach gleich, aber im ersten Fall ist die scheibenförmige Galaxie frontal (Face-on) zu sehen und ihr Kern sichtbar, während im zweiten Fall die Galaxie von der Kante her (Edge-on) zu sehen und der Kern sowie die von den Atomen abgegebene Strahlung von Staub verdeckt sind.
In den Jahrzehnten, seit es erstmals vorgeschlagen wurde, ist am Vereinheitlichungs-Modell die Kritik durch Astronomen gewachsen, die vorbringen, daß auch physikalische Prozesse ablaufen könnten, welche die beiden Arten an Seyfert-Galaxien hervorbringen. Die Astronomen Andrea Marinucci, Fabrizio Nicastro und Andy Goulding vom CfA haben gemeinsam mit zwei weiteren Astronomen einen Datensatz von neununddreißig Seyfert-Galaxien untersucht; dabei griffen sie auf der ihrer Meinung nach zuverlässigere Messungen der Kernaktivität durch atomare Linien zurück. In der Ausgabe 748 des Astrophysical Journal vom 1. April 2012 liefern sie Belege dafür, daß auch die Akkretionsrate in den beiden Arten unterschiedlich ist. Wenn dies bestätigt wird, würde diese Schlußfolgerung bedeuten, daß es in der Familie der Seyfert-Objekte physikalische Unterschiede gibt und der Betrachtungswinkel nicht die ganze Wahrheit liefert.